Ich habe mal eben den Kontinent gewechselt und dokumentiere jetzt aus dem sommerlich warmen Nordamerika für Frau Brüllen, was ich eigentlich am 5. eines Monats den lieben langen Tag so mache.
#
Da ich seit zwei Tagen in Chicago bin und hier eine Stunde später die Sonne aufgeht (jedenfalls ist es hier eine Stunde später als im östlichen Teil von Kanada, wo ich die letzten zweieinhalb Wochen war), wachte ich dennoch pünktlich um 7.30 auf, also um 6.30 und konnte nicht mehr einschlafen. Ich las mich ein wenig durch meine sozialen Medien und schlief noch einmal kurz ein. Gegen viertel nach acht stand ich auf, duschte und räumte das Hotelzimmer ein wenig auf. Das Zimmer ist winzig, liegt in aber in Downtown sehr zentral und ist einigermaßen bezahlbar.
Um halb zehn frühstückte ich ein Sandwich und trank dazu einen für amerikanische Verhältnisse sehr trinkbaren und starken Kaffee. Ich hatte mir diesmal vorgenommen, ein reines Touriprogramm am ersten „ganzen“ Tag in Chicago zu machen, nachdem ich gestern Nachmittag angekommen war und mitten in die Feierlichkeiten zum 4. Juli geriet. Daher lief ich zum „Watertower“ und kaufte ein Ticket für einen Hop on-Hop off-Bus, der mehrere Routen auch in etwas abgelegenere Neighbourhoods anbietet. Die erste Route führte durch die Ausgehviertel in Downtown und ich habe selten einen schlechteren Tour Guide erlebt als Barbo, der offenbar noch das ein oder andere Nationalfeiertagsbier im Kopf hatte. Jedenfalls verhaspelte er sich andauernd und erzählte nur von Restaurants und Bars. Daher entschied ich mich auch, bereits am ehemaligen Sears-Tower auszusteigen und bis in die 103. Etage zu fahren, anstatt bis um Navy Pier mitzufahren, um dann am Ohio Beach in die Fluten des Michigan Sees einzutauchen.
Ich genoss die Aussicht von dort oben, fast einen halben Kilometer über der Stadt, verzichtete aber auf die glasbodenen Plattformen, um die sich die Selfiegeilen Jungmädels balgten. Muss ich nicht haben. Ich bin schon froh, dass ich meine extreme Höhenangst soweit im Griff habe, um mir solche Aussichten nicht entgehen zu lassen.
Gegen halb zwei hüpfte ich wieder in einen der Busse und hatte dann einen wirklich guten Fremdenführer, der mit Humor, der routinierten Entertainment-Attitüde eines ehemaligen Disney World-Mitarbeiters und Sachkenntnis die Rundfahrt angenehm machte. Ich stieg in den Nähe des Hotels aus und machte eine Pause im Hotel, wo ich bis fünf herumgammelte und sogar noch eine halbe Stunde schlief. Inzwischen hatte ich einen Bärenhunger bekommen und verließ das Hotel gegen sechs, um zum „Taste of Chicago“-Festival zu wandern, in den Grünanlagen zwischen Lake Shore Drive und der Michigan Avenue. Das Prinzip dort ist recht einfach: man kauft Bons, die man dann an den Fress- und Trinkständen einlöst. Das erspart den Anbietern das Kleingeldgemache. Weil ich aber meine etwas geizig bemessenen Bons bereits an einem Taco-Stand fast aufgebraucht hatte, bekam ich am Eisstand kein Eis mehr, denn ich hatte keine Lust, mich noch einmal in der Schlange für die Bons anzustellen. Das verstand auch der nette Eismann und schenkte mir das Mangoeis, „because you seem to need something sweet“. Woher er das wohl wusste?
Ich wanderte durch den Park, schleckte mein Eis und lauschte ein wenig einer irischen Folkband, die erstaunlicherweise relativ wenig Anklang beim Publikum fand. Dabei hat Chicago doch eine zahlreiche irischstämmige Bevölkerung. Wahrscheinlich deswegen. Aber ich verstehe davon nichts.
Gegen halb neun machte ich mich auf den Weg zum Hotel zurück, kaufte noch Wasser, etwas zu knabbern und beantwortete unterwegs noch einige Nachrichten des Verehrers, der sich von der Fußball-Schlappe seines Landes im Confed-Cup glücklicherweise wieder erholt hat. Das ständige Herumgejaule, wie ungerecht doch das Ergebnis des Spiels sei, war aber auch nicht mehr auszuhalten…
Im Hotel setzte ich mich noch ein wenig an die Bar, trank ein Bier, unterhielt mich mit zwei Norwegerinnen und ging gegen halb elf in mein Zimmer. Ich pflegte ein wenig meine sonnenverbrannte Nase und ging gegen halb zwölf schlafen.