Jahresendzeitfragebogen 2015.

Es gibt so Jahre. Mehr kann ich zu 2015 nicht sagen. Womit mich dieses bald ausgehende Jahr wenigstens positiv überraschte: viele Menschen halfen, packten an, fühlten mit. Flüchtlinge, also Menschen wie du und ich, wurden im Wesentlichen gut aufgenommen. Was mich nicht überraschte: das Aufflammen fremdenfeindlicher und hirnrissiger Tendenzen. Es scheint so viele Menschen mit Minderwertigkeitskomplexen und – verzeihen Sie mir die vulgäre Ausdrucksweise – zu klein geratenen Schwänzen und Gehirnen zu geben. Ich kann sie noch nicht einmal verächtlich „Pack“ nennen und Verständnis aufbringen. Wer Unterkünfte anzündet (bewohnt oder nicht), Menschen mit Hassparolen beschreit und Kinder zur Verbreitung des eigenen Dumpfbackenweltbildes anstachelt, ist einfach nur kriminell und ein schlechter Mensch. Ich wünsche mir für 2016 nur eine konsequente Anwendung der bestehenden Gesetze von Staatsorganen und Institutionen in jeglicher Hinsicht, ganz ohne Sehschwäche auf dem rechten Auge. Aber nun. Eine Demokratie muss auch einen gewissen Bodensatz an menschlichem Abschaum wegatmen können.

Was mich persönlich betrifft: ja, es gibt so Jahre. Da geht es nur um das Durchstehen in der stillen Hoffnung, das kommende Jahr möge wenigstens besser oder leichter erträglich sein.

Dass nicht jedes Jahr so negativ war, können Sie anhand der Jahresrückblicke der letzten zwölf Jahre durchlesen. Genau so lange blogge ich nämlich. Voilà: 2014, 2013, 2012, 2010, 2009, 2008, 2007, 2006, 2005, 2004 und 2003.*

*2011 habe ich ausfallen lassen. Aus Gründen.

Zugenommen oder abgenommen?
Erst abgenommen wegen viel, viel, viel Arbeit. Und jetzt vor Weihnachten und darüber hinaus wieder zugenommen. Es ist aber auch anstrengend mit diesem ganzen Süßkram.

Haare länger oder kürzer?
Gleich lang. Ich würde ja so gerne die weißen Haare rauswachsen lassen, aber weder der Zauberfriseur, noch der Mann noch die beste Freundin stehen diesem Plan positiv gegenüber. Also warte ich noch ein bisschen.

Kurzsichtiger oder weitsichtiger?
Blind wie eh und je. Seit September tropfe ich täglich vor dem Schlafengehen ein Mittelchen gegen den durch die hohe Fehlsichtigkeit drohenden hohen Augeninnendruck. Ich hoffe, es hilft. Einen grauen Star sehe ich lieber im Kirschbaum.

Mehr ausgegeben oder weniger?
Weniger. Nach dem Jobwechsel verdiene ich tatsächlich sehr viel mehr, aber meine Gesamtausgaben haben sich erheblich reduziert: ich fahre kaum noch Auto, hatte keine Zeit zum Klamottenkauf, mache keine großen Reisen (mehr) und die Miete geht durch Zwei. Wenn ich es wollte, könnte ich mir eine Wohnung kaufen. Ich will aber nicht mehr. Das Leben ist mir zu kurz für Kredite.

Der hirnrissigste Plan?
Ich zweifele immer noch, ob ich zu diesem Arbeitgeber wechseln hätte sollen. Es war so viel operative Aufbau-Arbeit, so viel „In-der-Luft-hängen-lassen“ und so wenig wirklich geistige und kreative Auslastung, dass ich mich langsam frage, ob sich der Aufwand für das Mehr an Geld und Verantwortung gelohnt hat. Nun denn. Mit der neuesten Entwicklung zur Zukunft meines Arbeitgebers ist mir die Entscheidung ohnehin mehr oder weniger abgenommen worden, ob ich wechseln soll.

Zum zweiten fällt mir der Plan ein, nach Radebeul ans Theater zu gehen. Ich hatte den Vertrag schon im E-Mail-Eingang und die Zusage des Intendanten in der Tasche. Eine Wohnung hätte ich schnell in der Dresdner Neustadt finden können. Aber ich hätte dem damals noch im Rollstuhl sitzenden Mann keinen Gefallen damit getan. Und mir wohl auch nicht. Also habe ich mich zum Vollhorst gemacht und dem Intendanten abgesagt. Kein feiner Stil und ein erstklassig hirnrissiger Plan.

Der dritte, schon vorhersehbar zum Scheitern verurteilte, Plan: ein Buch schreiben zu wollen. Ich habe sogar einen Schreibkurs angefangen, einen Plot entwickelt, etliche „Karteikarten“ zur Figurenentwicklung angelegt. Jo. Und dann ging es diesem Plan wie der Mitgliedschaft im Fitnessstudio, der Ukulele samt Lernheft und dem Ausmisten des Kleiderschranks. Liegt. Setzt Staub an. Wird vergessen.

Die gefährlichste Unternehmung?
Gefahr ist mein zweiter Vorname. Nee, im Ernst: alles ungefährlich.

Das beeindruckenste Buch?
Irgendwelche leicht zu lesenden Krimis angefangen, beiseite gelegt, aufgegeben.

Der ergreifendste Film?
Ich bin nicht mehr so tränenfest wie ehedem. Die nervlichen Belastungen des Jahres lassen mir schon bei den langweiligsten Schmonzetten des öffentlich-rechtlichen Fernsehens die Tränen in die Augen schießen. Könnte sein, dass ich demnächst sogar bei den Börsennachrichten weinen werde.

Das beste Theaterstück
Kein Theater. Leben reichte dieses Jahr aus. Vorhang zu. Geht ab.

Die beste CD? Das beste Lied?
Was ich ganz gern im Auto gehört habe: Kadebostany und Maximo Park.

Das schönste Konzert?
Maximo Park im Kesselhaus der Kulturbrauerei.

2015 zum ersten Mal getan?
Ein Kind eingeschult (nicht das eigene, war aber sehr aufregend). Eine Firmen- und Familiengeschichte abgeschlossen.

2015 nach langer Zeit wieder getan?
Kündigungen ausgesprochen. Meine Schulkameraden auf einem Klassentreffen wiedergesehen (immer noch das Gefühl gehabt, nicht dazu zu gehören).

Die meiste Zeit verbracht mit…?
Wie schon 2014: Sorgen machen um den Gentleman. Im zweiten Halbjahr noch mehr.

Die schönste Zeit verbracht mit…?
Dem liebsten Gentleman.

Vorherrschendes Gefühl 2015?
Angestrengtsein.

3 Dinge, auf die ich gut hätte verzichten mögen?
Auch wieder wie 2013 und 2014. Die lebensbedrohliche Krankheit des Gentleman. Naja, und diese 11 bis 14-Stundentage zu Beginn meines neuen Jobs.

Die wichtigste Sache, von der ich jemanden überzeugen wollte?
Ich wollte dieses Jahr niemanden mehr überzeugen.

Das schönste Geschenk, das ich jemandem gemacht habe?
Ein gemeinsames Weihnachten – erst das zweite in unserer Beziehung.

Das schönste Geschenk, das mir jemand gemacht hat?
Der Gentleman macht mir immer die schönsten Geschenke. Aber die limitierte DVD-Sonderedition von „Ausgerechnet Alaska“ war schon was Besonderes.

Der schönste Satz, den jemand zu mir gesagt hat?
.

Der schönste Satz, den ich zu jemandem gesagt habe?
.

2015 war mit 1 Wort…?
Arbeitsreich.

Fuck you, 2015.

4 Gedanken zu „Jahresendzeitfragebogen 2015.

  1. Ja, fuck you 2015, auch bei uns verschärft in der 2. Jahreshälfte. Wie schon vor einem Jahr alles Gute für Sie und Ihren Gentleman von einer anderen Co-Kranken, die bei Ihnen, hier + dort, still mitliest.

    • Seien Sie virtuell gedrückt! In allem Schlimmen steckt auch immer die geschenkte Zeit, die es zu geben gilt – von beiden Seiten.

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