Gärtnerin.

Der große Garten meiner Großeltern hatte einen alten Obstbaumbestand, und er galt als die größte und zusammenhängende Streuobstwiese im innerstädtischen Bereich. Wir hatten so viele Apfelbäume, dass jedes Jahr im Herbst große Körbe in die Apfelweinkelterei über den Main gefahren wurden. Daraus entstanden dann Apfelsaft und Most, der den Winter über im Keller gelagert wurde, neben den ganzen Äpfeln, den Mohrrüben, die in Eimern voll Sand steckten und den vielen, vielen Einweckgläsern mit Birnen und anderem Obst. Daneben standen große Holzkisten mit Walnüssen vom wunderbaren Baum neben der Küche. Meine Großmutter machte jährlich zwei Einweckgläser „schwarze Nüsse“ und vermachte mir freundlicherweise das Rezept dafür – ich scheiterte allerdings kläglich bei dessen Umsetzung mit den Walnüssen aus Schwiegermutters Garten.

Von meiner Großmutter lernte ich, mit den saisonalen Angeboten zu leben. Wann war es Zeit, die Bohnen aufzubinden, die Zwiebeln für Gemüse und Blumen zu setzen, Obstbäume zu beschneiden und zu veredeln oder ganz einfach nur: zu ernten. Ich liebte die gemeinsame Arbeit, denn meine Großmutter war eine gute Lehrerin, und ich durfte natürlich immer naschen, was gerade frisch vom Baum oder aus dem Beet kam.

Nun steht mir ja nur ein kleiner Balkon zur Verfügung, den ich aber sommers fleißig mit Blumen und Kräutern begrüne. Mein langjähriger Traum ist weniger ein Haus mit Garten als vielmehr einfach nur ein Stückchen Grün, das mehr verträgt als sieben Töpfe. Beinahe hätte ich heute daher eine E-Mail an den Makler geschrieben, der ein Seegrundstück mit einem kleinen Steg und einem Wochenendbungalow anbot. Aber: zu viele Bäume, zu wenig Gartenland.

Irgendwann kommt er aber zu mir, mein Garten. Dann pflanze ich euch in Grund und Boden und hier gibt es nur noch Blümchenbilder!

2 Gedanken zu „Gärtnerin.

  1. Im Frühsommer habe ich diese Anwandlungen auch immer mal wieder. Im Herbst verfliegen sie dann. Man müsste mehrere Leben haben. In einem hätte ich ein Laura-Ashley-artiges Cottage mit Garten, vielen Büchern und noch mehr Ruhe.

  2. Ich liebe auch den Herbst, wenn man den Boden vorbereitet für die Winterruhe, Laub zu duftenden Haufen harkt und Nüsse sammelt. In einem Zweitleben wäre ich die Herrin eines Esels, einer Ziege und etlicher Hühner inmitten eines Dreiseithofes am Rande der Uckermark. (Ja, klar.)

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