Und dann stehst du vor dem Spiegel und dir fällt auf, dass das alles schon mal anders aussah. So ein bisschen weniger, nun ja, normal. Du hattest immer eine ganz gute Figur, von den Fußballerwaden mal abgesehen, dein Bauch war – nicht zuletzt dank der morgendlichen Situps – ziemlich gut bemuskelt und der Rest nicht sensationell, aber okay bis überdurchschnittlich.
Aber nicht so furchtbar altersgerecht normal. Also noch nicht gänzlich dem Verfall preisgegeben, aber bis auf die Fußballerwaden hat sich halt alles in einem Maß verändert, das gerade noch eben so akzeptabel ist, mit einem bisschen Sport sogar längerfristig haltbar. Nun ja, der Sport. Reden wir über andere Dinge.
Überhaupt. Geben wir doch alten Resten öfter mal eine Chance. Hören wir mehr Element of Crime und denken daran, dass Sven Regener auch mal jünger war:
Getrunken hab ich wenig, das Tanzen ließ ich sein
Und übrig blieben nur wir zwei
Die letzten sind die besten
Und ich bin immer gern dabei
Die Küche ist ein Chaos, der Flur ein Strafgericht
Was für Schweine lädst du dir bloß ein
Ein Salat darf nie mit Nudeln sein
Denn sowas rächt sich bitterlich
Vom Biervorrat ist schon lange nichts mehr da
Doch alten Resten eine Chance, auf eigene Gefahr
Denn was ist schon eine Party ohne Schmerzen hinterher
Die Sünden wiegen schwer, und leiden kann man nie genug
Gib mir einen Zug
Von dem Kraut mit dem sonderbaren Duft, an dem du rauchst
Nein, das werden wohl alte Socken sein
Was auch immer da verbrennt
Das überlass ich dir allein
Was bessres wüsst‘ ich schon, das ist auch dir nicht unbekannt
Das zeigt das Lächeln, das um deine Lippen schleicht
Vielleicht wird dieser Morgen
Ja doch noch irgendwie charmant
Der Lack ist bei uns beiden zwar schon ab
Doch alten Resten eine Chance, mal sehen, ob es noch klappt
Und was nützt das viele Leiden, wenn man sich nicht auch vergnügt
Die Sünden wiegen schwer, doch begehen kann man nie genug
Egal, wer oben liegt
Deine Hand in meinen Haaren, mein Gebiss an deinem Hals
So stolpern wir durch das Morgenlicht
Doch genug der schönen Worte
Es geht auch ohne, dass man spricht.
Ich liebe diesen Song.
Und Sie, Madame, sind weder alt noch Rest, soviel steht fest.
Merci, Madame Stedtenhopp! Zumindest habe ich einige Zaubermittelchen in petto, die den optischen Alterungsprozess mindern. Dem Zauberfriseur sei hiermit auch einmal gedankt!
Verfall hat auch eine ungeheuer ästhetische Komponente. Vielleicht mal wieder Peter Greenaways „A Zed and two Naughts“ gucken?
Ich mag Verfall. Aber nicht an mir. Die Ästhetik lässt doch arg zu wünschen übrig.