WMDEDGT 11/16.

 

Frau Brüllen fragt, was wir eigentlich den lieben langen Tag so machen und zwar immer am 5. eines Monats. Voilà. Sie müssen aber erst einmal mit mir träumen.

Nachdem ich gestern mit Kopfschmerzen und Halskratzen früh ins Bett ging, wachte ich entsprechend früh auf, las kurz das Internet leer und schlief wieder ein. Nur, um von einer ankommenden SMS erneut zu erwachen, kurz über deren Inhalt zu schmunzeln und wieder einzuschlafen. Sonst träume ich höchst selten, mein Körper hat sich anscheinend von den REM-Phasen verabschiedet. Vielleicht sind regulär sechs bis sieben Stunden Schlaf auch einfach zu wenig. Nun, heute war das anders, möglicherweise habe ich auch erhöhte Temperatur. Auf jeden Fall bekam ich von meinem Unterbewusstsein einen höchst seltsamen Traum serviert, den ich Ihnen, geschätzte Leser, nicht vorenthalten will. Denn einige von Ihnen kommen schließlich darin vor.

Eine bayerisch anmutende Hütte auf einem Hügel. Man sieht weit ins Land, irgendwo am Horizont dümpelt eine Sonne im Dunst vor sich hin. Es ist noch halbwegs warm, daher ist ein riesiges – und ich meine wirklich ein riesiges, mindestens vier mal fünf Meter großes – Bett vor dem Haus aufgebaut. So ein Ibiza-Divan, aber eben in einer etwas anderen Landschaft und viel, viel größer. Viele Menschen aus dem RL und dem Internet lümmeln darauf herum, aber alle sind angezogen, das möchte ich hiermit betonen! In meinen Träumen gibt es keinen Schweinkram! (Schade.)

Frau Modeste ist anwesend, Frau Cucina Casalinga beschwert sich über die Bequemlichkeit (kein Wunder, las ich doch früh von ihrem über Nacht entstandenen Hexenschuss). Irgendwo im Hintergrund unterhalten sich eine Uni-Freundin und Herr Kid. Ein Freund des Mannes kommt vorbei und sagt, dass ich mich schon lange nicht mehr gemeldet hätte. F. trägt eine Medusenmütze. Die Schlangen sind klein, braun und züngeln über seinen Augenbrauen herum. Ich wundere mich im Traum darüber, aber nun, was soll man gegen sein Unterbewusstsein machen.

Der SMS-Sender von vorhin sitzt neben mir und da baue ich den Inhalt der Nachricht in den Traum ein und diskutiere mit ihm über Rotbuchen. Kann man machen. Obwohl wir sonst durchaus unterhaltsamere Themen haben.

Die Uni-Freundin setzt sich zu mir und wir tauschen uns über Professor R. aus, der einer der besten war, den wir je hatten und von dem wir wirklich viel gelernt haben. Dann werde ich unruhig und empfehle mich auf gut französisch, um in den nahe haltenden, historisch hübschen Zug zu steigen. Der braucht nur knapp 1 3/4 Stunden bis zur polnischen Ostsee, wo ich aussteige. Ein hübsches Dörfchen, aber wirklich polnisch sieht es nicht aus: Zypressen und Pinien säumen einen Hohlweg, der sich malerisch eine Steilküste hinaufschlängelt. Oleander und Hibiskus blühen neben Geranien (!) und Clematis. Der Strand besteht wie am Mittelmeer in Kroatien aus vielen kleinen, rundgeschliffenen Steinen. Wenig Menschen sind unterwegs und so wandere ich allein dem Meer entgegen, das so blau schimmert und gar nicht nach Ostsee aussieht. Dann wachte ich um halb elf auf, knallwach und ausgeschlafen und grinste vor mich hin. Was für ein Traum.

Frisch geduscht und mit bequemen Jogging-Klamotten angetan, probierte ich meine neue Cafetera aus, die ich gestern in einem nahen Italien-Markt erworben hatte (neben Unmengen von Crema di Carciofi, die ich sehr liebe, und leckeren Oliven). Die Freundin rief an und fragte, ob sie nach unserem Konzertbesuch heute Abend bei mir übernachten dürfe, sie bräuchte mal Abstand von den Kindern und ihrem Partner. Natürlich, ich freue mich!

Das heißt aber auch: noch einmal durch die Wohnung putzen, die in einem teilweise verheerenden Zustand ist. Ich entdecke immer neue Staubecken, die es zu beseitigen gilt. Wenn alles klappt, bin ich aber bald „im Besitz“ einer viel empfohlenen Putzfrau, einer Institution, die der Mann leider nie wollte.

Man sollte im Übrigen gar nicht erst anfangen, beim Säubern der Wohnung noch auf die Idee zu kommen, man könne mal eben auch den Schrankinhalt sortieren. Das habe ich getan, und nun ist die Zeit schon wieder so weit fortgeschritten, dass ich es nicht mehr schaffen werde die Fenster zu putzen. Nun, Morgen ist auch noch ein Tag, um etwas mehr Lux in die Wohnung zu bringen.

Fast eine dreiviertel Stunde muss ich ja immer einplanen, wenn eines meiner redseligen Familienmitglieder anruft. Wenn es nicht die Schwiegermutter ist (die ist für Morgen vorgesehen), dann plaudert meine Mutter sich durch sämtliche Probleme ihres Lebens, vergisst aber immer, nach den meinen zu fragen. Heute allerdings war der Stiefvater dran, der von seinen ersten zwei Wochen am neuen Wirkungskreis in der Nähe von Detroit berichtete. Nun habe er auch eine Wohnung gefunden, die Social Identity Card sei auf dem Weg und beim örtlichen Harley-Händler die Bestellung für eine Maschine aufgegeben. Er will im nächsten Jahr den Nordosten und Süden Kanadas auf zwei Rädern erfahren. Ich finde das großartig, was und wie er sein Leben lebt. Er lebt mit fast 65 so wie er mag und verharrt nicht in der Rentenerwartungshaltung mancher dieses Alters.

Einkaufen musste ich auch noch, und das bei Strippenregen. Ich entschied mich gegen den ursprünglichen Plan, die Einkäufe zu Fuß zu erledigen und ging mein Auto suchen. Ich weiß nie, wo ich es abgestellt habe, was ein ganz gutes Bild seines Nutzwertes gibt. Auf dem Weg zum vermuteten Standort lief mir der P. samt Niedlichtochter über den Weg. Der P. und ich waren vor fünfzehn Jahren ganz gut befreundet, und ich habe von ihm als Nachmietrin sogar die Wohnung übernommen in der ich heute noch lebe. Dann zog er mit seiner Frau in eine andere Gegend und die Freundschaft flaute ab. Erst seit einem Jahr laufen wir uns wieder häufiger über den Weg, denn er ist geschieden und wohnt – große Überraschung – im Nachbarhaus. Unsere Freundschaft von früher konnten wir allerdings nie erneuern, es waren andere Zeiten und ich gestehe, heute muss er nicht mehr auf mich aufpassen wie damals. In der Rückschau weiß ich: er war mir ein guter Freund. Schade, dass ich mich so wenig gekümmert habe.

Die Freundin und ich trafen uns beim Vietnamesen, bevor wir zum Chanson-Konzert der wunderbaren Mai Horlemann in den Grünen Salon der Volksbühne gingen. Mai ist ein echter Tipp, denn ihre Texte sind vielschichtig, nehmen Paar-, Familien- und andere Beziehungen aufs Korn und haben immer noch eine kleine Wendung parat. Falls sie und ihr Pianist einmal bei Ihnen um die Ecke auftreten – hingehen!

Grüner Salon@Volksbühne ganz in rot.

Wir waren danach noch nicht ganz müde und suchten bei mir im Kiez noch eine nette Bar. Das ist im durchgentrifizierten Prenzlauer Berg mittlerweise gar nicht so einfach, denn entweder gibt es Etablissements, die sich auf „advanced drinking“ spezialisiert haben, also der Beratung des Gastes ohne eine bestimmte Cocktail- oder Longdrinkvorgabe. Was mich regelmäßig nervt, denn ich möchte einfach nur einen ordentlichen Gimlet, eine Caipirinha oder einen anderen Standard. Oder aber die Barbetreiber veranstalten in ihren Räumen eine Räucherhöhle. Ich verstehe nicht, warum sich nicht alle Gastronomen darauf einlassen können, dass nur draußen geraucht wird. Andere Länder können das ohne nennenswerte Umsatzeinbußen auch umsetzen. Warum Berlin nicht? Trotzreaktion? Ich verstehe es einfach nicht.

Nun, wir bissen in den sauren Apfel und ließen uns wenigstens von einem fachkundigen Barkeeper in der Hausbar mit Mai Tai (Freundin) und Caipirinha (ich) einräuchern. Angenehm angetütert liefen wir die zehn Minuten bis nach Hause und fühlten uns wieder ein ganz klein wenig wie im Sommer 1999, unserem legendären gemeinsamen Mädchen-Sommer, den wir nie vergessen werden.

Ein Gedanke zu „WMDEDGT 11/16.

  1. Sie haben ja detaillierte Geschichten-Träume. Meine sind immer nur so atmosphärische Bilder. (Wie neulich: Ich war ein Schäfer in der Lüneburger Heide und schaute, den Hund an meiner Seite, auf die Herde Schafe. Im strömenden Regen. Strippenregen. Pitschnass. Kalt war’s auch. (Fenster war offen.)) Vielleicht liegt es an diesen Cocktails, die Sie trinken. Da haben Sie’s in Berlin besser. Hier in meinem Problemviertel gibt es ja nur McDrive, immerhin mit Rauchverbot.

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