Flügel.

Nach über einem Jahr Pandemie ist es nun endlich soweit: Ich habe einen Flug gebucht. Nach Deutschland. Bereits beim Eintippen der letzten Zahl meiner Kreditkartennummer fühlte ich auf meinem Rücken ein Puckern und Klopfen. Ja, sie wollten raus, meine gestutzten Flügel.

Jeder leidet anders in dieser Pandemie. Mir hat am meisten gefehlt, dass ich nicht reisen konnte. Weder einfach so ins Auto schwingen und an den Pazifik fahren noch einen Flug buchen, um andere Welten zu entdecken oder die altbekannten Heimatgefilde Deutschlands zu besuchen. Natürlich hat mir auch die Gesellschaft anderer gefehlt, aber im Herzen bin ich Einzelgängerin und zudem habe ich einen Hund. Das ersetzt zumindest teilweise das tägliche Socializing, das zu einem Expat-Leben dazugehört.

Wenn also nicht wieder Flüge gestrichen oder die Ein- und Ausreise verboten wird (so in den Monaten April und Mai komplett für alle Chilenen und in Chile lebenden Ausländer geschehen), reise ich. Die Travelling Lady ist wieder unterwegs.

Was werde ich zuerst machen, wenn ich – gegebenenfalls nach Quarantäne-Beschränkungen, denn bislang ist Chile immer noch als Hochinzidenzgebiet geführt – herumreisen kann?

Meinen Vater besuchen. Möglicherweise eine der letzten Gelegenheiten, ihn noch ansprechbar zu finden. Bei Krebs weiß man nie und bei seiner fortschreitenden Demenzerkrankung noch weniger.

Frankfurter Grüne Sauce mit Petersilienkartoffeln und entweder hartgekochtem Ei oder Tafelspitz essen.

T-Shirts und Jeans in für meinen europäischen Hintern passenden Größen kaufen.

Sommersonne genießen. Deutschland, ich komme aus dem südamerikanischen Winter, streng dich an!

Tampons kaufen, die auch wirklich halten, was sie versprechen. Tampons sind eines der wenigen Hygienemittel, die es hier in Chile nicht in entsprechender Qualität gibt. Ich habe starke, manchmal extrem starke Blutungen und da brauche ich nicht so einen Weichei-Stöpsel. Und Kontaktlinsenreiniger für harte Kontaktlinsen kaufen. Hier quasi nicht zu finden. Ich kaufe immer auf Vorrat ein, aber der geht nach anderthalb Jahren zu Ende.

Ganz allgemein: Genießen, dass ich alles ohne Anstrengungen erreichen kann, dass es Zugverbindungen gibt.

Und dass ich meine Freunde und Familie wiedersehe. Missed you hard!

Ein Gedanke zu „Flügel.

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