Leise summe ich den alten Hit von Udo Jürgens vor mich hin. „In diesem ehrenwerten Haus“, in unserem ehrenwerten Haus, wohnen viele Menschen, die ich mal mehr, mal weniger gut kenne. Seit letztem Freitag kenne ich sie alle.
Und das kam so.
Prenzlauer Berg ist schon lange keine Insel der Glückseligen mehr. Zumindest nicht der glückseligen Mieter. Es sei denn, sie haben noch Uralt-Verträge oder irgendwann den Mietvertrag in einen Grundbucheintrag geändert. Die aktuellen Mieten für eine mittelprächtig modernisierte Wohnung sind für untere und bald auch für mittlere Einkommensschichten kaum noch zu bezahlen. Aber wie das so ist, gibt es auch in diesem Prenzlauer Berg ein kleines, gallisches Dorf von Unbeugsamen oder doch zumindest jenen, die sich dafür halten.
Das kleine Dorf besteht aus zwei Miethäusern mit je 10 Einheiten, alle zwischen 1 und 4 Zimmern groß. Einige Wohnungen sind mehr schlecht als recht saniert (so auch die unsere), andere haben noch Ofenheizung oder Gamatheizungen. Alles in allem also nicht so besonders. Bis auf die Mieten. Manche weinen, wenn sie davon hören, wie viel – oder wie wenig ich für eine 2-Zimmerwohnung (Altbau, Dielen, Südbalkon) zahle. Als ich vor 15 Jahren hier einzog, war ich sehr froh, denn ich hatte das erste Mal das Gefühl, in meinem Leben und in einer Wohnung angekommen zu sein. Die Wohnung begleitete mich durch verschiedene Lebensphasen, aber immer passte sie. Nun auch zum Mann, mit dem es dann aber doch ein wenig eng wird.
Aber zurück, wie es dazu kam. Die Miethäuser gehören den selben Eigentümern, das waren bis vor einigen Jahren zwei Schwestern. Die eine starb, ihre Tochter erbte den Anteil der einen Schwester. Diese Tochter, eingetragen im Grundbuch, möchte nun das Haus verwerten. Sie schickte uns und allen anderen Mietern zwei Makler ins Haus, ausgestattet mit fertig formulierten Schreiben, man habe mich nicht telefonisch erreicht und die bisherige Verwalterin sei erkrankt. Die neue Eigentümerin (die Tochter) sei nun die alleinige Ansprechpartnerin. Der Mann verweigerte den Einlass in die Wohnung, hatte ich ihn doch nach Rücksprache mit der – nicht erkrankten, aber umso empörteren – Verwalterin gewarnt. Man übergab ihm daraufhin das Schreiben. Wie auch allen anderen Mietern. Die Verwalterin erteilte Hausverbot und bat um Protokollierung von Einlass- und Kontaktbegehren. Die Makler fanden meine Telefonnummer und rufen seitdem täglich bei mir und anderen Mietern an.
Seitdem brodelt es im Dorf der Unbeugsamen. E-Maillisten werden gefertigt, der Mieterschutzbund aufgesucht. Widerstand formiert sich. Nachbarn laden sich zu Kaffee und Kuchen ein, um „die Situation“ zu besprechen. Die Hausgemeinschaft will sich wehren, wird beschlossen. Es geht um viel, aber auch um die Ehre. Angst setzt Energie frei. Ich befürchte, bald sind auch wir Teil des Häuserkampfs um Berlin.
eine empörte und aufgebrachte berliner hausverwaltung, deren ruf dem doch nicht gerade entspricht. es geschehen noch zeichen und wunder.
Ja, das ist in der Tat selten.