WMDEDGT 06/18.

Was macht der gemeine Internetmensch eigentlich so den lieben langen Tag? Diese Frage stellt Frau Brüllen einmal pro Monat, und zwar immer am 5. Seit 2013 läuft dieses Projekt (kann man das dazu sagen? Eigentlich nicht, Projekte haben ja meistens ein Ende und das wollen wir ja bei diesem hier nicht) schon und immer mehr BloggerInnen lassen monatlich in ihren Tagesablauf blicken.

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Mein Dienstag begann mit dem Handyklingeln um 6 Uhr. Ich duschte schnell, fror ein wenig nach dem Aussteigen aus der Wanne vor mich hin (hier in Santiago de Chile sind es nachts knapp um Null Grad, aber dafür meistens ohne Heizung in den Wohnungen) und beeilte mich nicht nur deswegen. Ein kurzes Frühstück mit Flakes und Milch später, aber noch ohne Kaffee, war ich bereits um zehn vor sieben auf dem Weg zur Bushaltestelle. Diese liegt nur vier Blöcke entfernt, aber es ist doch ein Fußweg von fast einem Kilometer und diesen legte ich wie üblich möglichst schnell zurück. Denn trotz beherztem Ausschreitens, einer Daunenjacke und eines flauschigweichen Schals war mir hundekalt.

Und natürlich wie immer, wenn ich es eilig habe, kommt der Bus mit der Nummer 411 entweder unregelmäßig oder gar nicht. Der Unterricht fängt um 7.50 an, also wäre genug Zeitpuffer gewesen, um noch fehlende Kopien zu machen oder entspannt alle Lehrmaterialien vorzubereiten. Wäre, hätte, Fahrradkette.

Der Bus kam zwanzig Minuten später, und ich entsprechend drei Minuten vor Unterrichtsbeginn und immer noch ohne Kaffee in Magen und Hirn in der Schule an. Keine Zeit, also. Für gar nichts. Wenigstens hatte ich alle Kopien gestern vorbereitet und die Übungen zusammengestellt. Heute stand die Wiederholung von Form und Stil bei Geschäftsbriefen und Satzbau auf dem Programm. Um von der Stellung des Verbs im Satz auf die Erweiterung um den Nebensatz zu kommen, hatte ich mir Star Wars ausgesucht. Yoda spricht übrigens nicht nur im Deutschen in verquerer Satzbauweise, wie mir die SchülerInnen bestätigten. Wir sahen eine kurze Sequenz mit Luke Skywalker an und ich ließ die SchülerInnen typische Yoda-Weisheiten umbauen und korrigieren. Danach wiederholte ich noch einmal die Stellung des Verbs im Haupt- und Nebensatz und übte Konnektoren. (Wie grauenhaft, ich bin tatsächlich zur Lehrerin mit Grammatikfetisch mutiert!)

Immerhin waren wir dann gegen zehn gemeinsam wach. Ich ging ins Lehrerzimmer, sprach mit dem Direktor kurz die Notengebung durch – meine Gewichtung hatten wir beschlossen rückgängig zu machen, um die SchülerInnen nicht zu sehr zu frustrieren -, und dann setzte ich mich an die Vorbereitung der stärkeren Gruppe. Um 12 ging es mit eben jener weiter. Wir wiederholten einige zweiteilige Konnektoren, gingen den Wortschatz zum Thema Transportwege und -wesen durch. Dann ließ ich sie ihre Texte vortragen, die sie über ihren Berufsalltag innerhalb ihrer Lehrunternehmen geschrieben hatten. Teilweise ist es sehr überraschend, wie viel Verantwortung sie übernehmen dürfen und was sie alles schultern müssen. Da kam die Hausaufgabe genau richtig: einen Podcast auf Basis des Textes zu erstellen, egal, ob visuell oder Audio. Die Gruppe im 2. Ausbildungsjahr hatte ihre bereits in der vergangenen Woche präsentiert. Es waren wirklich echte Perlen darunter, unter anderem ein Video, das absolute Stand Up-Comedy-Qualitäten hatte, samt gutgelaunter Chefs, die ihrem Lehrling bereitwillig Rede und Antwort standen. Sehr charmant und professionell aufbereitet und nach dem Abschlussschnitt auf jeden Fall ein heißer Anwärter auf Veröffentlichung auf der Homepage sowie auf einen Zeitungsartikel!

Um 14 Uhr hatte ich Schluss, aber wieder kam der 411er mit Verspätung, sodass ich erst um kurz vor drei in meinem Viertel ankam. Dort entschied ich mich spontan, im kolumbianischen Beauty-Salon um einen Maniküre-Termin anzufragen. Man hatte Zeit und ich freute ich über Bonita, die meine Füße sehr professionell und schweigsam versorgte. Schweigsam ist hier eher unüblich und bei meinem heutigen Müdigkeitslevel wäre jede Unterhaltung zur Qual geworden. Der Verehrer schrieb mir aus etlichen Meetings, dass er sich ebenfalls im müdigkeitsbedingten Zombie-Modus befände, hatte er doch von Mitternacht bis um kurz nach vier gearbeitet. Was Informatiker halt so machen, wenn andere nicht an die Computer können (und dürfen). Man wird sehen, ob er das Angebot für einen neuen Job ohne Nachtarbeit aber dafür mit spannenden Projekten in anderen Ländern annehmen wird. Es ist immer schwer, nach langer Zeit bei einem Arbeitgeber neue Horizonte zu erkennen.

Gegen vier kam ich Zuhause an und freute mich über eine saubere und wohlriechende Wohnung, denn „Nana Rosa“ hatte gewirbelt. Ich war zwar hundemüde, aber ich hatte noch einiges an Korrespondenz zu erledigen und setzte mich noch an den Esstisch.

Um sechs machte ich mir ein Brot, legte mich ins Bett und sah mir zwei Folgen Trivialfernsehen an. Zwischendurch schlief ich ein, bekam um zehn einen Anruf vom Verehrer, der mittlerweile auch wieder aufgewacht war und entschied, einfach wieder einzuschlafen.

 

2 Gedanken zu „WMDEDGT 06/18.

    • Als geborene Klugscheißerin war es vermutlich Schicksal, das mich dann doch in diesen Beruf geführt hat. (Komm vorbei, ich zeig dir alles hier!)

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