Stolz.

Eigenlob stinkt, sagte meine Mutter immer, wenn ich begann, ein wenig meine eigenen Qualitäten zu feiern. Und erstickte damit schon im Keim ein Gutteil gesundes Selbstwertgefühl. Denn: warum nicht einmal stolz sein auf Geschafftes, auf das, was einen liebens- und begehrenswert macht, vielleicht auch zu einem besseren Menschen? Oder doch zumindest stolz sein darauf, aus einer Situation das Beste gemacht zu und etwas gelernt zu haben?

Wie ist das bei Ihnen? Auf was sind oder waren Sie heute oder in den vergangenen fünf Tagen stolz? Erzählen Sie mir davon! Hier als Appetizer meine persönlichen Top 5:

  1. Mir nach einer blöden Phase des Fremdelns mit Land, Kultur und Leuten wieder bewusst geworden wie toll das alles doch ist! Ich lebe seit sehr langer Zeit erneut in einem fremden Land, habe mich durchgebissen und mit viel Energie das erreicht, von dem ich vor einem Jahr nur sehr vage wusste, dass es mein Leben auf den Kopf stellen würde. Ich bin toll, weil ich das gemacht habe.
  2. Ich bin toll, weil ich mutig bin. Ich habe ganz alleine eine siebenmonatige Reise rund um die Welt gemacht. Ich bin über Schotterstraßen Patagoniens gefahren, habe einen Reifenwechsel im Nieselregen in der sprichwörtlichen Pampa gemacht und bin nicht unter die Räder gekommen, weil ich nicht nur mutig, sondern auch vorsichtig und lebenserfahren bin. Ich bin auch mutig, weil ich – siehe unter 1. – mit Ende 40 nochmal ein anderes Leben probiere.
  3. Es war mühsam, aber es hat sich gelohnt: ich bin auch stolz darauf, dass ich nach einer intensiven Kompaktausbildung in der Lage bin, Anderen etwas beizubringen. Und noch viel mehr, sie zu motivieren, sich selbst eine neue Welt zu erschließen. Ihnen ein bisschen Eigenstolz zu geben, dass sie alles schaffen können, wenn sie wollen. Ich bin stolz darauf, dass meine Arbeit Früchte trägt. Mehr als alle meine Chefposten vorher macht mich so etwas stolz. Ich kann etwas weitergeben.
  4. Einige Dinge, auf die ich nicht stolz bin, gehören der Vergangenheit an. Ich habe den Verehrer sehr verletzt. Sowohl sein Latino-Ego als auch sein Herz waren und sind noch geknickt. Aber er hat mich ebenfalls sehr verletzt und es war an der Zeit, aus einer toxisch werdenden Beziehung auszubrechen. Es ist schwierig, gerade und besonders mit einem Latino, aber wir haben versucht, ob wir Freunde sein und bleiben können. Ein Versuch geht oft einher mit der Erkenntnis, wann es aufzugeben gilt. Man kann aber daran wachsen und seine eigenen Grenzen ebenso erkennen wie die des anderen. Ein Versuch kann ebenso stolz machen wie ein Erfolg.
  5. Ich bin stolz darauf, mein Leben genau so zu leben und zu gestalten, wie ich es möchte. Das ist meine ganz persönliche, mitunter auch sehr egoistische, Freiheit, die mich zu der macht, die ich immer sein wollte.

9 Gedanken zu „Stolz.

  1. Yess! Sie sind stolz auf sich und das ist richtig so. Nach einer Erziehung, die uns erst einmal die Zähne gezogen, die Flügel beschnitten und den Mut aufs Leben geraubt hat (suchen sie sich was aus) sich seinen Weg zu suchen, die alten Denkmuster zu hinterfragen und Neue einzuüben (schwer), da haben Sie meinen höchsten Respekt. Mir wurde das erst nach dem Tod der Eltern bewusst, wie viel ich noch hinter mir lassen muss, um das zu werden, was ich wirklich sein will. Für Vieles ist es zu spät (Sch… drauf, das Leben währt nicht ewig) aber es ist auch noch vieles, was angegangen werden muss. Ich freue mich drauf und Sie tun es auch, nicht wahr!?
    Herzliche Grüße aus Deutschland/ Europa um den Erdball!

  2. Ach ja, eine Antwort auf die Frage, auf was ich denn jetzt stolz bin, so überhaupt und in den letzten fünf Tagen: ich nehme mir täglich vor und ich ziehe es (meistens) auch durch, dumme, (frauen)-feindliche Kommentare als solche so sachlich wie möglich zu benennen und somit dem/der Verursacher/in zurück zu geben. In aller Höflichkeit natürlich.
    Und ich lasse mir generell nicht mehr in meine eigenen Angelegenheiten dreinreden.
    Und wenn ich dabei Fehler mache: „tschuldigung, das sind dann eben meine Fehler!“ Ich habe ein Recht auf meine Fehler.
    Sie sehen, ich fange ganz am Anfang an….?

  3. Ganz konkret:
    Ich bin stolz dass ich gestern einen Geistesblitz im richtigen Moment hatte und dadurch es einem Schauspieler leichter gemacht habe in seine Rolle zu finden.
    Tatsache war dass er nach der Durchlaufprobe bei der Kritik nur Positives zu hören bekam.

  4. Alles sehr gute Gründe, stolz zu sein. Der letzte ist der schönste, denn er schließt alle anderen mit ein. Die zu sein, die man immer sein wollte – wie großartig, wie kostbar ist das! (Ich bin da noch nicht.)

  5. Danke, @Wortschnittchen, für die Lektüre der letzten Tage, und dafür, einen Blick in dein Leben und vor allem in deine Gedanken getan zu haben. Danke auch für die Denkanstöße – ich sollte mutiger sein. Meine eigenen Blogeinträge sind seit etwa drei Jahren aus Gründen geschützt und nur eine Handvoll mir im Netz naher Menschen liest mit Passwort. Doch Blogs wie deines machen mir wieder Lust auf mehr Teilen.
    Herzlichst
    Rollringelpiez

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