Yoga.

Erinnern Sie sich noch an diese Partei, die sich in ihren Wahlwerbespots in einer Art Schneidersitz in die Luft katapultierten und das als „yogisches Fliegen“ bezeichneten? Okay. Dann können Sie sich vielleicht vorstellen, warum ich mit Yoga an sich relativ lange nichts anfangen konnte. Yoga, das war irgendwas für diese nach Patchouli duftenden Batikmodeträger, bei denen man nie sicher sein konnte, ob das fortgesetzte Abbrennen von Räucherstäbchen oder lange nicht gepflegte Achselhaare einem den Verbleib in ihrer unmittelbaren Nähe, nun ja, schlecht vermittelbar machten.

Bis vor einigen Jahren die ein oder andere Freundin anfing, über „diese wahnsinnige Entspannung“ zu sprechen, eine „neue, innere Ausgeglichenheit“, die sie nach Ende des Scheidungsprozesses und Verbringung der Brut in eine hoffnungsvoll stimmende schulische Laufbahn verspürte. Nun bin ich weder geschieden, noch muss ich mir über die Zukunft eines Nachwuchses Gedanken machen, aber mich ereilen dann und wann Stimmungsschwankungen, die ich nun doch noch nicht mit einer in einigen Jahren dräuenden Menopause in Verbindung bringen möchte.

Um es frank und frei zu sagen: ich habe häufiger Rücken. Und ich habe häufiger schlechte Laune, unter anderem bedingt durch einige Kilogramm zu viel auf den Rippen, was auch möglicherweise für den Rücken verantwortlich… – ach, lassen wir das. Nun, jedenfalls übte eine meiner grandiosen Ex-Kolleginnen einen wohltuenden Einfluss auf mein Sportverhalten aus, indem sie mich einfach jeden Dienstag und Donnerstag in das Büronahe Fitnessstudio zerrte. Um gemeinsam „die alten Knochen in Schwung zu bringen“. Und bei Samara den Yogakurs zu besuchen.

Wir schnauften, dehnten, atmeten, ommten und wurden tatsächlich etwas beweglicher wenngleich nicht ganz so ausgeglichen wie die oben beschriebenen Scheidungsfreundinnen. Wir übten unverdrossen gemeinsam weiter, bis ich endlich und sehnlichst erhofft, die Kleinstadt gegen Großstadt und den Job in einem eher schwierigen Umfeld gegen einen in einem anspruchsvollen (sprich: schwierigen) Umfeld eintauschen konnte, Ende des Fitnessstudiovertrags inklusive. Ich wurde geistig wieder beweglicher, körperlich dagegen immobiler. Was tun, was nun?

Alle Fitnessstudios in Laufweite waren entweder teuer – ich bezahle einfach keine 69 Euro per Monat für eine mäßig ausgestattete Lofthalle – oder eine dieser McDingsbums-Ketten, die ich grundsätzlich ablehne. Die Yogastudios in meinem Kiez dufteten tatsächlich nach Räucherstäbchen und nahmen offenbar nur Mütter und Geschiedene auf, die bereits Bekanntschaft mit dem Wiederaufbau des Beckenbodens gemacht hatten. Also googlete ich und fand: Susanne Fröhlich, mir als Moderatorin aus sehr alten Jugendzeiten von meinem damaligen Heimatsender HR3 bekannt. Frau Fröhlich wurde nach Geburten, Genuss und Scheidung erst moppelig, dann dünn, schrieb einige Bücher darüber und nahm eine Yoga-DVD auf.

Ich machte mich also eines schönen Morgens auf, mit Hilfe ihrer DVD erneut in die Yoga-Welt einzutauchen. Es ist sehr mühevoll. Die Yoga-Matte passt gerade zwischen Bücherregal, Sofa und Fernseher, mitunter schlage ich mit der Handspitze gegen eine Vase oder quetsche mir den Fuß an der Wohnzimmertür. Ganz zu schweigen vom Ehemann, der, gelegentlich zu meiner Übungszeit bereits wach, grinsend durch die Glastüre linst. Widrige Umstände, also. Dennoch bin ich neulich ein wenig geschwebt. Ich versichere Ihnen, es war so. Einige Zentimeter über dem Boden schwebte ich und konnte gerade so aus dem Fenster schauen. Der Nachbar von gegenüber dehnte sich gerade in den Sonnengruß und im dritten Stock darüber konnte ich eine rüstige Seniorin beim Kranich beobachten. Ich sage Ihnen, demnächst machen wir eine neue Partei auf: Hauptprogrammpunkt „Frieden durch Yoga“. Wer fliegt, darf dann auch am Flughafen BER landen.