WMDEDGT 10/16.

Frau Brüllen fragt, was wir eigentlich den lieben langen Tag so machen und zwar immer am 5. eines Monats. Da ich derzeit auf jeden Zug aufspringe, mache ich ab sofort auch mit.

Um fünf vor sieben klingelt mein Wecker, weil ich heute meine Haare nicht waschen muss. Wenn ich meine Haare waschen möchte – also jeden zweiten Tag, denn sonst sehen sie nach Sauerkraut und Rüben aus -, stehe ich um viertel vor sieben auf. Heute dauerte das Aussuchen der Kleidung länger als sonst, denn am Nachmittag war eine festliche Veranstaltung angesagt, die ich mit meiner Anwesenheit beehren musste. Ich habe mich für ein schwarzes Cocktailkleid mit meiner dunkelroten chinesischen Jacke entschieden, dazu blickdichte Strümpfe und hohe Schuhe. Zum Mitnehmen und dann auf der Arbeit anziehen. Angezogen habe ich es dann doch nicht, weil die als „Herbstball“ titulierte Veranstaltung mitnichten Ball- oder Cocktailgekleidete Menschen erfreute, sondern allenfalls festlich gekleidete oder halt eben einfach so gekleidete. Immerhin: mein normales schwarz-weiß gemustertes Kleid passte perfekt zur Krawatte des Bürgermeisters. Wenn das mal kein Gerede gibt.

Um kurz nach acht, nach einem schnellen Frühstück, ein bisschen Twitter-, News- und Blogschau, stieg ich bei feuchten 11 Grad auf die Vespa, um zum Regionalbahnhof zu fahren. Das dauerte heute länger als die sonst üblichen 15 Minuten, weil ich keine Lust auf riskante Fahrmanöver bei nasser Straße hatte. So kam ich gerade rechtzeitig am Bahnhof an, um dann im Städtchen am Bahnhof auf mein nasses Fahrrad zu steigen und zur Arbeit zu fahren.

Dort habe ich mir erst einmal die gefühlt 1.000 Mails durchgelesen, von denen mich wirklich keine einzige ernsthaft betraf (ich muss das unbedingt ändern), eine private Antwortmail geschrieben und telefoniert. Viel telefoniert. Sehr viel telefoniert.

Zu Mittag holte ich mir vom Wochenmarkt ein frisches, knuspriges Kaiserbrötchen und einen nicht ganz so leckeren Hähnchenschenkel. Freitags ist der andere Hähnchenbrater auf dem Markt, der macht unschlagbar gute Hähnchenkeulen. Naja, der Hunger trieb’s rein.

Am Nachmittag die besagte festliche Veranstaltung, ich musste Weiterlesen

Strumpfig.

Des Nachts fliegen die Wildgänse und draußen wehen die ersten gelben und braunen Blätter über das Kopfsteinpflaster. Tagsüber gaukeln frühherbstlich warme 20 Grad einen letzten Sommertag vor. Lassen wir uns nicht einlullen, machen wir uns nichts vor – es ist wieder Strumpfhosenzeit!

Und so gerne ich Röcke und Kleider trage, sobald Strumpfhosen ins Spiel kommen, bin ich spätestens nach einer halben Stunde höchst angenervt. Denn egal, ob teure Markenware oder Billigstrümpfe im Doppelpack von Charles & Anthony, Hyper & Munter etc.: sie beginnen im Schritt zu rutschen.

Damenstrümpfe_weites FeldWas auf Twitter mit einem das thematisierenden Frusttweet begann, entspann innerhalb kürzester Zeit einen Thread zum Thema Strümpfe und Strumpfhosen. Die schönste Entdeckung, und dafür ist die Filterbubble da: ICH BIN NICHT ALLEIN MIT MEINEM PROBLEM!

Wofür mich meine Filterbubble übrigens noch liebe: Die Damen und Herren haben immer sehr gute, unklugscheißerische Tipps parat, die das Leben erleichtern und mitunter zur allgemeinen Erheiterung beitragen – ein nicht zu unterschätzendes Talent.

Ein paar Tipps zum richtigen Umgang mit Strumpf- und Feinstrumpfhosen habe ich daraus gesammelt und mit etwas Recherche angereichert. Über das Thema Kompressions- und Stützstrümpfe hat Signora e la moda Wissenswertes geschrieben. Schauen Sie mal dort rein, und das lohnt sich nicht nur, wenn es um dieses Thema geht!

Zum Thema „im Schritt rutschende Strumpfhose“ hatte Frau Mutti aka Dilemma Deluxe einen sehr probaten Vorschlag: Miederhöschen! Warum bin ich bloß nicht längst vorher darauf gekommen? Ich besitze noch eines von meiner Hochzeit, das ich seitdem nie wieder getragen habe. Ausprobiert und für gut befunden! Wahrscheinlich geht auch jedes stramm sitzende andere Höschen, aber damit kaschiere ich auch den kleinen Wohlstandsbauch, wenn nötig.

Ein anderer Tipp ist sicherlich auch sehr vernünftig: Im Strumpfgeschäft anhand der Beinlänge die richtigen Strumpfhosen heraussuchen lassen. Ich bin allerdings eher die Spontankäuferin und selten in derlei Fachgeschäften zu finden. Vielleicht lasse ich es demnächst auf einen Versuch ankommen.

Ein weiteres Thema ist die mangelnde Haltbarkeit – ich kriege auch teure und vermeintlich qualitativ bessere Strumpfhosen verlässlich schnell kaputt. Daher kaufe ich gern günstiger und habe bei Wichtig-wichtig-Terminen immer eine Ersatzstrumpfhose dabei. Hierzu fand ich folgenden Tipp:

Strumpfhosen vor dem ersten Tragen in der Packung ein paar Stunden ins Eisfach legen.

Nun wüsste ich ehrlich gesagt nicht, wo zwischen Tiefkühlgemüse, Eis und Fertigpizza ich noch Strumpfhosen unterbringen kann, aber ich teste das demnächst trotzdem einmal aus, da dieser Tipp im Internet von vielen NutzerInnen bestätigt wurde.

Möglicherweise liegt meine Abrissbirnenartige Zerstörwut feiner Beingewebe aber auch einfach nur an meinen Bauarbeiterhänden. Hierzu hat ein Qualitätsanbieter Rat:

Für ganz besonders feine und teure Exemplare gibt es Anziehhilfen – Wolford nennt sie Hosiery Gloves – in Form von Handschuhen. Ich meine: überflüssig und teuer (handelsübliche Baumwollhandschuhe täten es auch). Es sei denn, in den Handschuhen steckt ein gutaussehender Butler…

Meistens komme ich ja nicht in die Verlegenheit, denn s.o. unter Haltbarkeit, aber: Waschen sollte man Feinstrümpfe von Hand in handwarmem (sic!) Wasser. Hinterher ausdrücken, leicht in Form ziehen und liegend trocknen. Oder nass anziehen und trocken föhnen. Letzteres stelle ich mir überaus unangenehm vor (obwohl ich auch schon ab und an noch nicht komplett durchgetrocknete Jeans getragen habe).

Eine etwas skurrile, aber sparsame Idee las ich irgendwo in den Tiefen des Internets: Hat man zufällig zwei Strumpfhosen der gleichen Farbe und Art parat, die auf der jeweils anderen Seite eine Laufmasche haben, einfach das kaputte Bein abschneiden und die beiden Höschenteile übereinander ziehen. Schon hat man eine neue Strumpfhose! Mal abgesehen davon, dass ich sehr selten zwei Strumpfhosen der gleichen Farbe und Art habe, die GLEICHZEITIG eine Laufmasche am jeweils anderen Bein entwickeln – ich habe dann ZWEI rutschende Höschenteile an, die sicherlich in ihrer Überlagerung ein überaus fruchtbares Mikroklima im Schritt fördern.

Dieser Tipp hingegen hilft vielleicht weiter, wenn keine Pumps getragen werden: Füßlinge unter der Strumpfhose sollen vor Laufmaschen ab Zehen schützen. Hm. Ich trage Feinstrumpfhosen überwiegend dann, wenn ich mal so richtig „richichi“ aussehen muss oder will und dazu gehören Pumps und durchbrochene Schuhe, in denen man Füßlinge sehen würde. Und sind gute Strumpfhosen nicht per se an den Zehen und Fersen verstärkt?

Sie sehen, es ist ein weites Feld. Das man noch bis zum Horizont erweitern könnte, schriebe ich über Strümpfe, Strapse und Strumpfbänder. Ich mache es kurz: ich habe eine Abneigung gegen Rutschen. Und gerade diese Halterlosen stürzen mich in tiefste Verwirrung. Daher zum Abschluss die Dokumentation eines seltenen Ereignisses: Wortschnittchen in Strumpf und Spitze, sitzend und sehr lange her.

StarschnittchenII

Stein.

Steine haben den unschätzbaren Vorteil, dass sie ihrer Umwelt gegenüber eher unemotional reagieren. Ich nehme sie mir also dann und wann als Vorbild. Dann und wann ist zum Beispiel, wenn mich ein Anruf vom, nennen wir ihn der Einfachheit halber, „Altstar“ ereilt. Das „Wann“ kann durchaus schon früh am Morgen sein, also noch vor dem ersten Kaffee, was in sich eine gewisse Gefahr birgt. Ich bin nämlich morgens eher schlecht gelaunt, dieses Aufstehen bekommt mir nicht, der Berufsverkehr lässt mich das Ende der Menschheit herbeiwünschen und, wie erwähnt, Anrufe vor 9 Uhr sind an und für sich schon eine ziemliche Zumutung.

Exkurs: Wie machen das eigentlich Menschen, die ihren Dienstbeginn freiwillig auf kurz nach 7 Uhr legen? Gibt es Drogen, von denen ich nichts weiß? Eine bestimmte, leistungssteigernde Religion, der man gegebenenfalls beitreten kann?

Wie auch immer, der Altstar rief heute Morgen an. Körperlich dem Alter näher als der Jugend, buntvogelig gekleidet und mit einer Ich-war-früher-mal-Rocker-Attitüde gesegnet, begleitet er den Chef durch die beruflichen Anforderungen, berät mal hier, informiert unter der Hand mal dort und lässt sich die Gerüchteküche bei Vertragsabschluss in barer Münze entgelten. Grundsätzlich finde ich das okay, solange mich jener Herr meine Arbeit machen lässt.

Und hier kommt das oben erwähnte „Dann“. Anlass war eine Image-Firmenbroschur, gemeinsam entwickelt und in Form gebracht mit einer sehr guten Agentur. Ich denke, Qualität in diesem Bereich kann ich nach fast 20 Jahren Berufserfahrung einschätzen und fordere sie auch ein. Nun sieht das der Altstar eher so, dass seine mehr als 40 Jahre Berufserfahrung in einem ganz, ganz anderen Bereich dafür prädestinieren, mir gegenüber diese qualitätsvolle Hochglanzbroschur als „Aldi-Blatt“ zu bezeichnen.

Das ist der Moment, in dem ich gern zu Stein würde. Einem sehr höflichen Stein, dem solche Worte wie Wasser abperlen. Leider bin ich aber ein eher unsicherer Stein, der zuerst einmal überprüft, ob die Kritik nicht berechtigt ist: War das Papier zu billig? (Nein.) Wie haben die Kunden/Investoren/Multiplikatoren die Broschur eingeschätzt? (Überrascht, dass ein Mittelständler so potent ist.) Bin ich zu arrogant, zu kritikunfähig, bin ich am Ende etwa zu ungeduldig zu anderen Menschen? (Letzteres ja, aber ich verschwende einfach ungern meine Zeit damit, Dumme schlau zu machen. Naja, und arrogant bin ich damit wohl auch. Aber egal.)

Ich werde meine Stein-Qualitäten wohl noch etwas verbessern müssen. Irgendwann bin ich dann hart wie Granit und der Altstar und weitere seiner Art werden sich ihre Zähne an mir ausbeißen. Bis dahin singe ich leise mein Mantra: „Ich bin ein Stein. Ich bin ein Stein. Ich bin ein…“