Schreibkurs: Figürlich.

Den zweiten Kurstermin habe ich als anstrengend in Erinnerung. Wenn zehn Teilnehmer ihre doch recht unterschiedlichen Texte vorlesen und noch diskutieren wollen, sind eineinhalb Stunden schon bei der Hälfte rum. Mich hat außerdem nicht einmal die Hälfte der Texte wirklich gefangen genommen. Die Aufgabe war, eine Hauptfigur einzuführen, sie zu beschreiben und ihr eine Gestalt zu geben. Ich habe mich ziemlich lange um die Figur herumgedrückt. Eigentlich wollte ich nach Art eines Online-Dating-Profils eine Person beschreiben. In diesen Datingportalen werden Fragen gestellt wie „Was ist dir wichtig in einer Beziehung“ oder „Worüber können Sie lachen“. Also alles Fragen, mit deren Beantwortung man sich so richtig schön zum Vollhorst machen kann.*

Letztendlich passte aber diese Form der Beschreibung nicht zu der Figur, die mir scheinbar aus dem Nichts zugelaufen war. Als Mittfünzigerin treibt man sich vielleicht nicht mehr allzu häufig auf Datingplattformen herum, denke ich. Vielleicht ändert sich das mit meiner Generation. Wir sind die Digital Residents, teilweise ja sogar Digital Natives, und das Netz begleitet uns sicherlich auch bis zur Rente. Sollten wir also mit Mitte Fünfzig wieder auf Solopfaden wandeln, wäre unser Schnäppchenmarkt wohl das Netz.

Aber zurück zur Hauptfigur. Ich hatte ein Bild vor Augen, wie sie an einem Fluss sitzt, wie der Fluss an ihr vorbeiströmt wie ihr bisheriges Leben. Wie sie vor sich selbst rechtfertigen muss, was und wer sie ist. Natürlich kommen da auch die ein oder anderen biografischen Erfahrungen hinein.** Und Ort und Umfeld kenne ich auch recht gut. Der Rest ist Fantasie, muss Fantasie sein. Denn schließlich bin ich mit dem hehren Ziel angetreten, mehr Fiktion zu wagen. Lesen Sie doch mal rein.

*Meine Erfahrung mit Datingportalen ist schon älteren Datums, aber als passionierte Internetkäuferin habe ich natürlich auch dazu eine gewisse Affinität.

**In meiner Familie gibt es jede Menge Erfahrung mit bipolaren Störungen und Alkoholmissbrauch. Ich befürchte, bei der Zellteilung habe ich ausschließlich die langweilligen Spießergene abbekommen – meine soziale Auffälligkeit hält sich im Rahmen und ich bin weder Alkohol noch Drogen über die Maße zugetan.

Schreibkurs: Leerstelle.

Seit ein paar Wochen gehe ich in einen Schreibkurs. Schreibmaschine kann ich schon, ziemlich schnell sogar, habe ich mit 18 in der Volkshochschule gelernt. Das mit dem Schreiben dagegen konnte ich noch nie so richtig. Jetzt ohne Scheiß: ich habe drei Jahre lang als Journalistendarstellerin gearbeitet und es ist niemandem aufgefallen, dass da Madame la Dilettante höchstpersönlich sitzt und sich fast in die Hose macht, weil sie nicht mal die Grundbegriffe der berichterstattenden Textformen beherrscht. Hurenkind, Schusterjunge – musste ich alles erst mal nachschlagen. Gut, ich könnte natürlich einwenden, dass es auch nicht jedermanns oder jederfraus Sache ist, sich mit Exceltabellen und Wirtschaftlichkeitsberechnungen herum zu schlagen. Aber das will ja schließlich kaum einer, manche hacken gern mal auf den bösen BWLern herum und stöhnen über mangelnde Ethik und Ehre in der Wirtschaft. Drauf geschissen. Damit verdiene halt ich meine Brötchen.

Schreiben dagegen, das scheint doch das große Ganze zu bedeuten. Weiterlesen