[Was schön war] #kw48/17.

Was in der vergangenen Kalenderwoche schön war – gar nicht so schwer, diesmal.

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Die letzte Unterrichtseinheit gehalten. Eine Doppelstunde Wortschatz und Schreiben. Ich hatte Spaß, die Schüler hatten Spaß und mit der Wiederholung von „sich verletzen“, „schwitzen“ und weiteren Worten mit Zisch- und tz-Lauten haben wir sogar eine Art Rap-Battle veranstaltet. Nachdem ich mich am Ende der Stunde bei den Versuchskaninchen-Schülern für ihre Geduld mit mir Lehrer-Darstellerin bedankt hatte, bekam ich vom größten Ego der Klasse das netteste Kompliment: „Vielen Dank für die schone deutschä Wortä“.

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Ich darf dann offiziell als Sprachlehrerin arbeiten.

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Noch einmal mit dem Hula-Mann getroffen, bevor er in sein Heimatland zurückkehrt. Mehr bedauert, dass er seinen Fisch Harvey mitnimmt als dass er geht. Manche Menschen bleiben nur für eine kurze Zeit im Leben und im Gedächtnis. Wir sind uns zu ähnlich, als dass es auf Dauer gut gegangen wäre.

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Die traditionelle Vorweihnachtsparty der Freundin war wie immer wunderbar, mit vielen Menschen, die ich so selten sehe, mit denen mich aber mehr als zwanzig Jahre gemeinsames Erleben verbindet. Oder wie die Mutter der Freundin sagte: „Es ist schon über ein Vierteljahrhundert her, aber an Sie erinnere ich mich immer ganz besonders gut, denn Sie haben sich so nett für das gute Essen damals bedankt.“

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Der Verehrer machte wieder von sich Reden. Ob wir denn nun die eine Woche in die Wüste fahren wollten? Und wann genau ich denn in Santiago sei? Wieso ich meine Unterkunft so weit weg vom Zentrum gebucht hätte? Warum ich ihm denn nie etwas von meinen Plänen erzähle (ja, wenn ich diese immer so genau wüsste, würde ich ja!)? Wir werden noch eine Menge Spaß miteinander haben, glaube ich. Und Stress, den auch. Der superpünktliche Informatiker und die chaotische Unverbindliche. Na, auf ein paar Bier und ein paar Tage in der Wüste lassen wir es mal ankommen.

 

WMDEDGT 12/17.

#WMDEDGT, erfunden und fortgeführt von Frau Brüllen, legt der Welt immer am 5. eines Monats den Tagesablauf zu Füßen. 

Der Handywecker klingelte um 7.15 Uhr, aber ich wachte schon eine gute Stunde vorher auf, konnte mich aber nicht aufraffen. Ich las ein bisschen das Internet leer und dachte über den beginnenden Tag nach.

Nach der Morgenhygiene trank ich einen schnellen Kaffee, aß eine kleine Schüssel mit Haferflocken und irgendeinem Knusperzusatz und packte meine Schulsachen zusammen. Gegen Viertel nach acht ging ich los, einmal quer durch den Prenzlauer Berg, gut 20 Minuten dauert der Weg bis zum Schulgebäude.

In der gegenüber liegenden Bäckerei kaufte ich mir einen Nudelsalat (der ist dort ausgezeichnet auf mediterrane Art) und ein Brötchen für zwischendurch. Dann ging ich ins Lehrerzimmer, wo meine Mitstreiterinnen in Sachen Vermittlung der Deutschen Sprache als Fremdsprache schon an ihren PCs saßen und das seit mindestens halb neun. Ich schaffe das nie so früh.

Ich besprach mich mit meiner Kollegin, mit der ich am Mittwoch eine Doppelstunde zum Themenbereich Gesundheit/Fitness/Sport gestalten muss. Ich führe den Wortschatz ein, mache eine Schreibübung und sie übernimmt Grammatik und Sprechen. Ich erstellte eine erste Übung zur Überprüfung des Wortschatzverstehens und entwarf ein Kreuzworträtsel, damit ich eine Zwischenübung einfügen kann, die ein bisschen spielerischer ist. Die Schreibübung hatte ich schon gestern vorbereitet; die Schüler – allesamt Nivau A1/A2 – werden eine E-Mail an eine Freundin/einen Freund schreiben und für ihr Fitnessstudio werben.

Um viertel nach zehn gingen wir alle in unseren Seminarraum, wo wir bis zum 14 Uhr noch einigen Input zum Thema spielerische Übungen und weitere Inhalte bekamen. Ich aß meinen Nudelsalat und bekam um halb drei meine begleitete Unterrichtsvorbereitung durch die Teacher Trainerin. Anders als in der Vorwoche abgesprochen, wollte sie, dass ich den Fokus nun doch mehr auf Gesundheit lege, aber das passt nun einmal nicht in den weiteren Kontext mit Fitness und Sport, also war ich entsprechend wenig begeistert und wurde auch ein wenig reserviert. Ich tauschte einige Verben aus, damit der Verletzungsaspekt seinen Platz bekam, aber ich werfe ungern Besprochenes einen Tag vor dem Unterricht um. Und ich wusste genau, dass mir das eine halbe Nachtschicht zum Umbau der Materialien bescheren wird.

Um Viertel vor vier kam unsere Klasse und wurde zwei Stunden von zwei Kolleginnen beschult. Die Klasse ist sehr fordernd, einige Egos sind zu berücksichtigen, und sie pushen sich auch gegenseitig gern hoch. Deutsch als Fremdsprache, gerade für Berufsanfänger und zukünftige Studenten, ist ohnehin eine harte Nuss, aber diese Klasse ist sehr erfolgsorientiert und erwartet mehr als die Klasse mit B1/B2-Niveau der ersten zwei Wochen der Ausbildung.

Um sechs war der Unterricht zu Ende, wir machten ein Feedback in der Sechser-Runde plus zwei Teacher-Trainer bis um kurz nach sieben. Ich ging durch den kalten Abend nach Hause, wo ich mir erst einmal einen starken Kaffee machte und Couscous kochte. Dann setzte ich mich an den Schreibtisch und dort sitze ich sicherlich noch über den heutigen Tag hinaus bis in die frühen Morgenstunden.

Das WMDEDGT im Januar wird dann aller Voraussicht nach wieder aus Südamerika kommen. Die Reise habe ich mir verdient.

[Was schön war] #kw47/17.

Was war denn in der vergangenen Kalenderwoche eigentlich schön? Ich musste ein wenig kramen und suchen, aber manches erscheint eben nur auf den ersten Blick als belanglos. Auf den zweiten Blick sieht war es dann doch schön.

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Gutes Feedback auf meine Fortschritte in der Weiterbildung bekommen. Ich gehöre nicht zu den Lehrer-Naturtalenten, dafür fehlt mir das Rampensau-Gen, aber offenbar habe ich ein gutes Gespür, wie ich meine Schülerinnen packen kann, um ihnen die deutsche Sprache etwas spannender zu präsentieren. Nichtsdestotrotz finde ich es entspannter, Schüler zu unterrichten, die bereits die deutsche Sprache einigermaßen beherrschen und dann mit ihnen etwas wirklich kreativ zu erarbeiten. Mal sehen, ob ich das verwirklichen kann, was ich mir in meinem Köpfchen so zurechtgesponnen habe – es wird jedenfalls nicht eine reine Tätigkeit als DaF-Lehrerin sein…

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Lustige Chat-Unterhaltungen mit meinen Buenos-Aires-Damen gehabt. Es wäre schön, wenn wir uns doch trotz widriger Umstände auf vielen Ebenen im Januar oder Februar dort treffen könnten.

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Ob ich den Verehrer in Santiago treffen möchte, weiß ich noch nicht so recht. Es hat sich etwas verändert, jeder macht nun seins und bezieht den anderen nicht mehr in seinen Alltag ein. Nach sechs Monaten des Nichtsehens wäre es auch ein Wunder, wenn es sich anders entwickelt hätte. Andererseits: wir halten den Kontakt, täglich. Aber ob ich ihn sehen möchte, steht auf einem anderen Blatt. Abgrenzen, sortieren und entemotionalisieren ist jetzt angesagt.*

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Den Hula-Mann getroffen und seltsame Cocktails mit ihm getrunken. „Mata Hari“ und „Chico caliente“ entpuppten sich als durchaus trinkbar. Allerdings mag sich mir das Konzept Sellerie-Gin nicht recht erschließen.

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Auf einer kleinen Ausstellung gewesen und einen tieferen Einblick in die spirituelle Szene bekommen. Nicht meine Welt, diese Meditations- und Achtsamkeitslyrik, aber ein paar hübsche Schlüsselsätze habe ich mir einmal gemerkt. Man kann nie wissen, in welchen Momenten man ein „Du musst jemanden loslassen, damit du die Hände zum Geben öffnen kannst“ anbringen kann.

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Der Hula-Mann möchte mich wiedersehen.

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*Und dann hat er mich nach Redaktionsschluss noch einmal immens mit seiner Frage überrascht: „Wann kommst du? Ich möchte mir eine Woche frei nehmen, um mit dir zu reisen!“ Und etliche Dinge mehr, die wir in den vergangenen zwei Wochen aus den Augen verloren hatten. Ach, ach. Ob ich mein gestohlenes Herz wohl je wiederbekomme?

[Was schön war] #kw46/17.

Was in der vergangenen Kalenderwoche schön war, auch diese Woche arbeitsanfallbedingt in gekürzter Version.

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Den Ex-Ex-Chef getroffen und ab Mitte Februar kommenden Jahres als Auftraggeber gewonnen. Ich falle in vielerlei Hinsicht in weiche Wolle und habe einen flexiblen Zeitrahmen, der es mir erlauben wird, auch einmal drei, vier Wochen am Stück woanders zu sein und von dort aus zu arbeiten. Nun fehlen mir noch zwei, drei andere Auftraggeber, die ich entsprechend akquirieren muss. Aber es entspannt ungemein, sich vorerst keine Gedanken um den Lebensunterhalt machen zu müssen.

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Am selben Abend einige andere Ideen gehabt, die mir für die Zukunft viel Spaß machen könnten. Mit den Buenos-Aires-Mädels gechattet und wieder das Gefühl gehabt, dass da draußen noch sehr viel auf mich wartet. Sei es, dass ich Menschen wieder treffen werde, mit denen das Sein einfach nur schön ist oder dass Aufgaben auf mich warten, die mehr bringen als nur Geld.

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Trotz einer sehr starken Erkältung inklusive Nebenhöhlen-Gedöns Unterricht gehalten und für gut befunden worden. Aber es muss nicht nochmal so sein. Kudos an Lehrer, die das machen, aber es ist keine Option, sich krank und mit Fieber vor die Klasse zu schleppen.

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Übernachtungsbesuch von einer Internet-Bekannten aus Frankfurt bekommen und lecker Pho Bo essen gegangen. Wie anders doch das Leben einer Single-Mum ist, und umso mehr Respekt und Hochachtung, wie sie das alles immer unter einen Hut bekommen! Leider war ich zu müde und krank, um wirklich gute Konversation zu machen.

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Den ganzen Samstag vor mich hingelitten, aber abends dann doch das Gefühl gehabt, ich müsse noch mal raus. Die spanische Freundin angepingt und vor ihrer Wohnung – wie gut, dass wir in der selben Straße wohnen! – abgeholt, um in einer Bar um die Ecke einen Cocktail zu trinken. Wir entschieden uns danach dann doch noch kurzfristig für den Besuch einer Party, das aber nur, weil diese drei Tramhaltestellen entfernt stattfand. Wir sind so bequem geworden. Die Party selbst war eher mau, aber den Ausblick von der Dachterrasse über das nächtliche Berlin kann man nur spektakulär nennen.

 

[Was schön war] #kw45/17.

Was in der vergangenen Kalenderwoche schön war? Suchen Sie doch mal bei sich! Meine Auswahl ist derzeit etwas eingeschränkt…

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Die Woche begann mit der Einführung in einen straffen Fortbildungszeitplan und dessen Durchsetzung. Mein Input-Zentrum wurde in Null-Komma-Nichts zum Überlaufen gebracht. Das kann man einerseits als Überforderungsszenario sehen, andererseits aber auch als Herausforderung. Informationen kurz scannen, ablegen und später verarbeiten und vertiefen, mehr ging eben nicht in dieser Woche. Die wirkliche Herausforderung war, nicht zu kapitulieren und den Schülerinnen (ja, ich lerne derzeit unterrichten und musste auch gleich am zweiten Tag die erste Stunde halten) nicht zu zeigen, dass ich von Tuten und Blasen, ergo: Deutsch als Fremdsprache, keine Ahnung habe. Das scheint gelungen, denn ich bekam gutes Feedback.

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Hula-Mann und Verehrer gedanklich wie emotional vorübergehend auf Eis gelegt. Ich musste Prioritäten setzen und da fallen die Herren einfach mal hinten unter. Was schön daran ist? Es geht mir gut dabei.

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Mit zwei Mitstreiterinnen der Fortbildung Pho Bo essen gegangen und Interessantes aus deren Lebensläufen erfahren.

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Trotz des ganzen Stresses am Samstagabend tanzen gegangen und viel Spaß gehabt.

[Was schön war] #kw44/17.

Was in der vergangenen Kalenderwoche schön war, mit leichter Verspätung (zu viel zu tun).

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Eine Einladung zu einem Vorstellungsgespräch gehabt, das via Skype stattfinden sollte. Kein Problem, bin ich durchaus gewohnt, alle Informationen zur gegenseitigen Kontaktaufnahme hatte ich gegeben. Und dann am Mittwoch das Gespräch, das mit einem ungerechtfertigten und sehr unfreundlichen Einstieg begann. Im Hintergrund Menschen, die umherwuselten, die Interviewpartnerin musste gleichzeitig die Infos aus dem Gespräch in ihren PC tippen und war kurz bis unfreundlich in ihrer Wortwahl. Alles in allem: ein erster Eindruck des Unternehmens, das mir wenig Lust machte, dort zu arbeiten. Ganz anders als die gut gestaltete Webseite des Unternehmens, das sich als geradezu ideal darstellte für Menschen mit eigenständigem Denken, Struktur und Managementqualitäten – und einer ungebremsten Reiselust! Das mit seiner Menschlichkeit warb.

Ganz anders also als das Interview in einer Call-Center-Atmosphäre, in der ich mich als Mensch nicht wahr- und noch weniger ernstgenommen fühlte. Ich schlief eine Nacht drüber und schrieb am nächsten Morgen eine Absagemail mit drei Punkten, die mir negativ im Interview aufgefallen waren. Man antwortete mir noch am selben Tag, „als data driven Company“ sei man halt auf kurze Interviews und standardisierte Abfragen angewiesen und bei mehr als 400 Bewerbungen auf einen Job sei dies ohnehin notwendig. Und ich sei ja schon unter die ersten 50 gekommen, sonst hätte man mit mir gar kein Interview geführt. Ich halte das Zahlenwerk für unsinnig, das damit verbundene HR-Management für unzureichend und damit bin ich sehr froh, dass ich aus meinem Herzen keine Mördergrube gemacht habe. Immerhin: man wolle die Interviews jetzt nicht mehr im Großraumbüro durchführen. Viel Glück wünsche ich.

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Mich mit einem charmanten Mann getroffen, der nicht nur eine Hula-Figur wie ich auf dem Armaturenbrett seines Autos kleben und wackeln hat, sondern auch eine Ukulele besitzt. Zudem mit mir gemeinsam das Home-Brewing-Kit in Aktion setzen will. Man wird sehen.

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Gute Traditionen sollte man nicht brechen, und so aßen wir Freundinnen am Martinstag die obligaten Gänseteile mit Rot- oder Grünkohl, Klößen und tranken dazu gutes Bier.

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Ich war auch noch auf einem Geburtstag eingeladen, der dann – eine reine Frauenrunde – damit endete, dass wir uns zu siebt in einen Golf quetschten, um uns von der sehr resolut fahrenden Freundin der Gastgeberin in einen Club fahren zu lassen und bis sehr früh am Morgen zu tanzen.

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Der Verehrer schrieb sehr trunkene Nachrichten. Was bringt Männer dazu, ihre Nostalgie, Sehnsucht, Saudade oder was auch immer nur dann auszuleben, wenn sie sich allein daheim mächtig einen hinter die Binde gegossen haben? Selbstmitleid?

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Den Ex-Chef gesprochen und einen Termin ausgemacht. Mal sehen, ob wir uns einig werden und zu meinen – sehr freien – Bedingungen zusammen kommen.

[Was schön war] #kw43/17.

Ach, na, guck! Jetzt hatte ich den Wochenrückblick für die vergangene Woche ganz vergessen. Vielleicht war auch gar nicht so viel Schönes dabei? Mal schauen…

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Die Woche begann mit der Aussicht auf einen Feiertag und das damit verbundene Kaffeetrinken mit der spanischen Freundin. Sie erzählte mir von ihrem VHS-Kurs Salsa, der am kommenden Wochenende stattfinden solle und fragte, ob ich nicht spontan Lust darauf hätte. Hatte ich und meldete mich umgehend an. So kam es, dass ich samstags und sonntags ungewöhnlich früh aufstand, meine müden, alten Knochen sehr weit in einen Randbezirk Berlins bewegte und seitdem wieder weiß, dass meine Hüft-Dysplasie nicht nur eingebildet ist. Aber ich hatte ganz vergessen, wie viel Spaß mir Tanzen macht!

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Schwimmen gewesen, in einem der schönsten Bäder Berlins.

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Polnisch essen gewesen, mit Freunden und Freude.

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Viel geschrieben, viel vorbereitet, spontan einen Amtstermin bekommen. Ich habe eine Ahnung, dass ich die Dinge anschiebe, weil ich mir die Gelegenheit nicht entgehen lassen will. Aber ob ich sie tatsächlich realisiere?

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Die Erkenntnis gehabt, dass sich meine Gefühle für den Verehrer leider verabschiedet haben. Es war abzusehen, das auch. Aber wie es oft bei den mich interessierenden Männern ist: sie langweilen irgendwann. Natürlich tun mehr als 12.000 Kilometer auch ihr Übriges dazu. Aber es geht mir auch bei deutlich weniger Entfernung so. Nun denn, da trifft es sich ja gut, dass da ein neuer spanischsprechender Verehrer am Horizont auftauchte.

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Mein Konzept kam gut an. Das war schön, auch wenn es im Nachhinein betrachtet keine Basis für eine Zusammenarbeit gibt. Dafür mit dem Ex-Chef telefoniert. Und hier gibt es eine Basis.

Betrug.

Als ich gebeten wurde, einer Bekannten ein wenig zu helfen, die sich als chilenische Witwe eines im Land verstorbenen Deutschen mit dem deutschen Rentenanwartschaftsrecht nicht auskennt, sagte ich gern zu. Natürlich helfe ich als Witwe einer anderen Witwe! Außerdem war es dringend Zeit, etwas fürs eigene Karmapunktekonto zu tun, schien mir. Ich bin ja nie ganz uneigennützig.

Ich erhielt Papiere, übersetzte ein wenig, ordnete und informierte nach bestem Wissen und Gewissen. Dann stolperte ich über einen Artikel in einer chilenischen Zeitung. War das etwa ihr verstorbener Mann, der da des Betrugs und Verstoß gegen das Aufenthaltsgesetz angeklagt und verhaftet worden war, mehr als zehn Jahre zuvor? Der etliche Frauen wie Unternehmen um ihr Geld erleichtert hatte und schon seit 11 Jahren illegal mit einem Touristenvisum im Land lebte? Sich als Angehöriger einer elitären Berufsgruppe ausgab, ohne dies zu sein, aber dafür Zugang zu Entscheidern in Verwaltung und Wirtschaft erhielt? Ja, nach Prüfung aller Daten und Informationen bin ich mir sicher.

Ich habe ihr nichts davon gesagt, aber ich glaube, sie wird ein Problem haben, wenn sie entdeckt, dass ihr Mann niemals in Deutschland in die Rentenkasse eingezahlt hat. ich hoffe nur, dass sie jetzt nicht noch in Schulden gerät durch ihn. Eine schwierige Situation. Wie gemein das Leben sein kann! Ich fühle mich schlecht. Hätte ich doch niemals nachgeforscht…

WMDEDGT 11/17.

#WMDEDGT fragt immer am 5. eines Monat, was der gemeine Tagebuchblogger so den lieben langen Tag treibt. Initiatorin des Ganzen und Linksammlerin ist Frau Brüllen.

Mein Wecker klingelte an diesem Novembersonntag um halb neun, denn auch heute hatte ich einen Tanzworkshop, der um 10 Uhr beginnen sollte. Zuvor musste ich noch meine sevillanische Mitstreiterin einsammeln und in den nicht ganz so hübschen Teil von Marzahn-Hellersdorf fahren. Es gibt sicherlich schöne Eckchen auch in diesem Stadtteil, aber unsere Tanzschule lag im zweiten Stock eines zur Hälfte leer stehenden Einkaufszentrums inmitten mehrstöckiger Plattenbauten und ein frischer Novemberwind voller DDR-Nostalgie umwehte uns, als wir um kurz nach zehn eintrafen. Jorge, der kubanische Tanzlehrer, erwartete uns schon. Als einzige zum Kurs Erschienenen hatten wir bereits gestern Salsa in einer Art Privatunterricht erlernt. Heute widmeten wir uns Bachata und Merengue. Ich muss gestehen, ich kann meine europäische – zudem noch mit einer leichten Dysplasie versehene – Hüfte nicht ganz so locker bewegen, wie es diese Tänze erfordern, aber Jorge und meine Mitstreiterin versicherten mir, dass ich sehr gut tanze. Nun denn, ich werde weiter fleißig üben, denn ich habe das Tanzen lange vermisst.

Um kurz vor eins waren wir fertig und das in jeder Hinsicht. Meine linke Hüfte tat weh, M. stöhnte über ihre Lendenwirbelsäule und auch Jorge zeigte erste Ermüdungserscheinungen. M. und ich entschieden uns, noch etwas gemeinsam Mittag zu essen und fuhren zu einem Asiaten bei uns ums Eck. Gegen kurz nach zwei waren wir gesättigt, hatten ein wenig über unsere Ex-Freunde ausgelästert und verabschiedeten uns für einen Salsaabend in nicht allzu weiter Ferne. Daheim packte ich meine Schwimmsachen für später ein, denn ich war noch mit Madame Modeste im Stadtbad Oderberger Straße verabredet, einem Bad, das lange leer stand und letztendlich doch eine sehr schöne Funktion innerhalb eines Hotels gefunden hat und überaus entspannt zu beschwimmen ist. Nach einem kurzen Mittagsschläfchen ging ich zu Fuß durch mein Viertel; es tröpfelte schon und ich war froh, das erste Mal meine neue, graue Wintermütze aufgezogen zu haben.

Madame, ihr kleiner Sohn und ich schwammen ein, zwei Stündchen und gingen dann durch den Regen nach Hause. Dort aß ich zu Abend, bevor mich der Anruf meiner Schwiegermutter ereilte. Ihr geht es gerade nicht ganz so gut, aber außer regelmäßiger ärztlicher Kontrolle ist halt nichts zu ändern. Alt sein ist schon nicht schön, sich alt fühlen noch schlimmer, besonders, wenn der einzige Sohn noch vor der Zeit starb, nur zwei Jahre nach seinem Vater. Aber so ist es das Leben, und ich hoffe nur, dass ich, sollte ich dereinst mein Ende erwarten, den Mut und die Kraft besitze, meine Zeit selbst zu wählen.

Ich war nach den ganzen sportlichen Aktivitäten zu nicht mehr viel in der Lage, plauderte aber noch kurz mit dem Verehrer, dessen Lieblingsmannschaft heute ein wichtiges Spiel kickte. Dann setzte ich mich vor den Fernseher, um einmal mehr „Tribute von Panem“ zu sehen, eine Film-Dystopie, deren Buchvorlage wirklich gut und spannend umgesetzt wurde.

Danach ging ich ins Bett.

Alles muss raus.

Zwei Monate hat es in mir gesimmert, dieses Gefühl. Dass da noch etwas ist, was ich nicht benennen kann. Pläne, Gedanken, Wünsche. Das Aufräumen, Ausmisten und Verschenken von Dingen hat ein wenig geholfen, Platz zu machen für die Zukunft. Noch ist nicht alles klar und sauber und vielleicht wird es das nie sein. Der Perfektionswahn der vergangenen Jahre, das Funktionierenmüssen, die Furcht davor, dass irgendjemand merkt, dass mir Kenntnisse und/oder Kapazitäten fehlen, um etwas zu erledigen – alles ist nicht mehr wichtig. Nicht, dass ich ein schlauerer Mensch geworden wäre oder gar mit mehr Selbstbewusstsein als früher. Aber ist mir einfach egaler, was andere von mir denken.