Was in der vergangenen Kalenderwoche schön war, wie immer heiß und frisch nach Abschluss derselben auf den Tisch geliefert.
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Da bereits der Wochenbeginn unter den Zeichen zwischenmenschlicher Missverständnisse stand, fuhr ich mit recht gemischten Gefühlen von der SchwieMu fort. Es ist ja ohnehin etwas schwierig, denn die verbliebenen Dinge des Mannes müssen langsam aber sicher gesichtet, ausgeräumt und/oder entsorgt werden. Darunter eben nicht nur Bücher, Bücher, Bücher, Akten und diverser Kleinkram, den er aus nostalgischen Gründen aus der DDR in die Jetztzeit hinübergerettet hatte. Sondern auch zwei halbauseinandergebaute Teile eines DDR-Rollers, für den es einen Interessenten gibt. SchwieMu indes tut sich schwerer als ich, die Dinge loszulassen. Wir sprachen am Abend darüber und alles war wieder gut.
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Am nächsten Tag war erst einmal gar nichts gut. Ich hinterließ einen mittelgroßen Scherbenhaufen zwischen Chile und Deutschland. In Stresszeiten bin ich ein Druckkessel. Ich kann sehr, sehr lange Druck aufbauen, aber irgendwann fliegen die Ventile raus und der Kessel ist schlagartig leer. So war das auch mit dem Verehrer. Die Entfernung, eine gewisse Grundsehnsucht innerhalb des berühmten Projektionsflächenpingpongs, die mitunter nichtssagende Kommunikation wie auch die stetigen Nachfragen seinerseits, warum ich denn nicht antworte und/oder mich so komisch habe, all das machte mich wütend, weil ich es eben gerade nicht ändern kann. Eine Sprachnachricht später war der Kessel leer, ich ebenso sauer wie traurig und der Verehrer verstand die Welt nicht mehr. Was ihn indes auszeichnet: er lässt meiner Zerstörungskraft ihren Raum. Und er lässt nicht los.
Ich vermute, jeder zweite hätte sich gesagt „lass die Irre, muss man nicht verstehen, ich melde mich nicht mehr“. Der Verehrer hat da ein bis zwei Punkte gut gemacht und bemüht sich seitdem ebenso um mehr und anregendere Konversation wie ich auch. Wir sind zwei. Perspektivisch gesehen.
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Der Zauberfriseur verpasste mir nicht nur wieder eine gute Farbe sondern aktivierte auch seinen Gatten, dass er mir eventuell beruflich weiterhülfe. Der Zauberzahnarzt verpasste mir eine Aufbissschiene und oh, Wunder! seitdem habe ich morgens keine Kieferschmerzen mehr. Ich verpasste eine Gelegenheit, die nicht wiederkommen wird, über die ich aber auch nicht traurig bin.
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Ich bin ja kein spiritueller Mensch. Aber ans Karmapunktesammeln glaube ich. Da helfen, wo es geht, öfter lächeln, als es vielleicht müsste und ansonsten versuchen, Menschen als das zu nehmen was sie sind. Ich wurde von einem chilenischen Bekannten gefragt, ob ich seiner Freundin nicht helfen könnte. Sie sei vor kurzem Witwe geworden, war mit einem Deutschen verheiratet, einen kleinen Sohn hatten sie. Nun steht sie da, im Süden Chiles, mit nur wenigen Papieren, denn er sei „ein Flüchtender gewesen, der alles hinter sich gelassen habe“. Bei solchen Aussagen macht man sich so seine Gedanken. Ich suchte die entsprechenden Formulare bei Rentenversicherungsträger, Botschaft und die Adresse einer deutsch-chilenischen Kanzlei heraus und übersetzte notdürftig die für sie relevanten Passagen der Witwen- und Waisenanwartschaften. Sie leitete alles in die Wege und gab positive Rückmeldung. Bleibt zu hoffen, dass die Anwälte alles für sie regeln können. Denn mir scheint der Fall recht kompliziert, samt Schwiegermutter in Franken, die in einem Haus sitzt, das dem Sohn gehörte. Da geht’s dann ganz schnell um Geld und Angst und Gefühle.
Ich meinerseits hoffe auf einen kleinen Karmapunkt, den ich einst in einer ähnlich verzwickten Lage einlösen würde. Immerhin: ich darf bei der Witwe wohnen, sollte ich mich einmal in Puerto Montt einfinden. Die Einladung sowie ein gewisses Grundvertrauen stehen.
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Neue Bekanntschaften über das internationale Netzwerk geschlossen. Immer wieder eine Bereicherung, diesmal aus Polen, Frankreich und Griechenland. Alte Bekanntschaften und Freundschaften gepflegt. Manches macht mir Sorgen, aber ich hoffe, die Beteiligten werden eine Lösung finden.
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Ich schrieb auf Twitter: „Was fehlt: eine App, die einen morgens beim Aufstehen motiviert. Quasi Runtastic für Langschläfer. Mit Applaus und Medaille bei Erfolg.“ Und wurde dafür im Newsletter der ZEIT zitiert und vielfach beherzt und retweetet. Es scheint Bedarf für eine derartige App zu geben. Gleich mal etwas anzetteln gegangen. Es kann doch nicht so schwer sein!
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Mich langsam aus der deprimierten Stimmung herausgewurschtelt.