Sex im Alter.

jungbrunnenWissen Sie, man kann sich nach einer solchen, von einem durchaus charmanten Herrn hoch in seinen Siebzigern geäußerten, Bemerkung schon ein wenig alt fühlen. Was mich aber dazu brachte, darüber nachzudenken, wie das denn so ist und sein könnte, als älterer Mensch mit dem Flirten, aber auch mit dem Sex. Und was genau ist überhaupt Alterssexualität?

Fangen wir mal der Definition des Begriffs an. Als ich mich durch Wikipedia und einige andere Seiten mit soziologischen Einordnungsversuchen las, erschreckte mich vor allem die Aussage, dass altersbedingte Veränderungen der Sexualität bereits um das 40. Lebensjahr entstehen„. Hui! So früh?

Aber es stimmt in der Tat. Nicht nur, dass sich mit Anfang 40 meiner Erfahrung nach manche Ansichten deutlich ins Konservative drehen, Äußerlichkeiten weniger Wichtigkeit beigemessen wird und es allgemein eher um eine schonendere Nutzung zunehmend schwindender Energiereserven geht. Natürlich ist nach etlichen Jahren Beziehung, ein bis mehreren Kindern und dem ganzen Kram, der einen immer ablenkt, möglicherweise auch das Sexualleben zweit- bis x-rangig geworden. Wiederbelebungsversuche inbegriffen. Aber bisweilen, so die einhellige Meinung der befragten Freundinnen, ergibt man sich dem Umstand, sich zu alt und müde zu fühlen. Und gibt den Sex ab 40 zwar nicht völlig auf, aber nimmt ihn eben als eine abgeschwächte Version früherer Leidenschaft hin.

Kommt dann noch bei den Damen das Klimakterium samt körperlicher Veränderungen im Untenrumbereich und bei den Herren ein neues Hüftgelenk, eine Midlife-Crisis oder Potenzprobleme hinzu, wird es noch schwieriger. Auch (Zivilisations-)Krankheiten lassen die Lust auf ein Minimum schrumpfen. Natürlich gibt es Hilfsmittel. Gleitgel, Sexspielzeug, Medikamente – alles kann helfen. Aber manchmal hilft wohl nur das Internet.

Ich las mich durch weitere Seiten und Erfahrungsberichte der Generation Silbersee. Was die Damen und Herren dort beschreiben, liest sich oft, als ob ein Umbruch notwendig gewesen wäre, um wieder Spaß am Sex und überhaupt Sex zu haben. Und das Internet spielte eine große Rolle, denn es hat offenbar erst ermöglicht, Sexpartner zu finden oder über LeidgenossInnen Zugang zu Lösungsansätzen. Stellen Sie sich mal vor, wie das früher war: man ging in den Puff (Männer), suchte sich einen neuen Mann im Kegel-Verein (Frauen) oder entsagte der körperlichen Liebe. Heute klickt man sich durch das WWW und hat die Qual der Wahl – wenn man möchte.

Rat und Tat lässt sich also gut finden. Als Frau sollte man aber darauf gefasst sein, dass die meisten Hinweise auf Frauenportalen in Rollenbildern und Äußerlichkeiten erstarrt bleiben. Ratschläge à la „so gefällst du ihm auch noch jenseits der 50“ oder „Lichtdimmen hilft“ sind meiner Meinung nach eher dazu geeignet, das Frusträdchen noch eine Stufe weiter zu drehen.

Dazu passt ja auch ein wenig der Kommentar meines Friseurs, mit dem ich ganz unbefangen über jeden Blödsinn plaudere (und der natürlich auch immer die guten Geschäfte im Blick behält):

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Das Gefundene beschreibt aber überwiegend die Generation Ende fünfzig bis oben offen, also jene, für die das Internet ein Hilfsmittel ist, aber kein Zuhause, wie für die meisten Menschen, die ich kenne. Wie werden wir – digital natives oder residents – einmal unser Sexleben im Alter gestalten? Welche sozialen Netzwerke und Codes werden wir nutzen, um uns einander anzunähern? Und wann geht es von der Digitale in die Horizontale? Wie sehen Sie das?

Ich bin gespannt. Und habe mir natürlich heute die Haare gefärbt.

Edit: Gemerkt, dass in diesem Thema noch viel mehr steckt und der Text noch überarbeitet und ergänzt werden muss. Stay tuned.

Geister.

Kennen Sie auch alle diesen Film mit dem jungen Patrick Swayze: „Ghost – Nachricht von Sam“? Diese unsägliche Töpferszene, Sinnbild für erotische Sauerei, nur übertroffen vom auf ewig verdorbenen Boléro in „Zehn – Die Traumfrau“?

Ist ja auch egal. Auf jeden Fall gibt Sam in seiner Zwischenwelt keine Ruhe und bleibt bei Molly, um ihr auch weiterhin nahe zu sein. Meine Geister sitzen des Nachts auf der Bettkante und plaudern ganz beiläufig über dies und jenes. Meine Großmütter, mein Großvater und meine Urgroßmutter – alle waren sie schon zu Gast und lächelten in ihren Altersgesichtern, ganz so, wie ich sie zu Lebzeiten kannte. Ich habe keine Angst vor Geistern. Sie sind gut zu mir und ein Teil des Lebens. Da bin ich sehr nah bei der asiatischen Lesart von Leben und Tod, von Ahnen und Schutzgeistern. Das gute Gefühl, dass sie auf mich aufpassen.

Den Mann habe ich noch nicht gesehen. Aber ich habe auch so gut wie nie zu seinen Lebzeiten von ihm geträumt. Falls er mich aber einmal besuchen kommt, lasse ich gern von Ihnen grüßen.

 

[Was schön war] #kw40.

Der Montag war ein Feiertag und den Dienstag hatte ich mir auch noch freigenommen, um einen Banktermin im Weserbergland wahrnehmen zu können. Das hieß: noch zwei Tage länger Familie, mehr Essen, mehr Trinken.

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20161004_164223_resizedVon Reisen bringe ich immer gern Alltagsgegenstände mit. Oder Kunst. Das Gemälde aus Vietnam in meinem Wohnzimmer erfreut mich jeden Tag aufs Neue. Muss ja keiner wissen, dass es mit uns zum Schutz zusammengerollt in einem Abwasserplastikrohr durch das Land gereist ist. So geht man doch nicht mit Kunst um! Aus dem Weserbergland habe ich Wurst mitgebracht. Sie haben dort einen ausgezeichneten Fleischer und Metzger, dessen Leber- und Hausmacherwurst mich immer wieder begeistert. So habe ich mich für kriegsähnliche Zeiten damit bevorratet.

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Es regnete die halbe Woche, sodass ich die Vespa stehenließ und mit den Öffentlichen fuhr. Durch den Regen zu radeln war aber auch schön.

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Einen Jobtermin in einem der zahlreichen Ortsteile gehabt und morgens über schmale Landstraßen gefahren. Kleine Nebelbänke auf den Feldern, dazwischen die Ahnung einer Rehwildherde. Die Unmittelbarkeit der Natur im Frühherbst bringt mich immer in eine friedliche Stimmung.

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Auf einer katholischen Taufe eingeladen gewesen und mich sehr geehrt gefühlt, da ich als ehemalige Chefin doch gar nicht so in den engen Kreis gehöre. Der Franziskanerpater sprach mit deutlich bayrischem Dialekteinschlag und gestaltete die Zeremonie so kurzweilig und den Menschen zugewandt, dass er mich fast mit den langweiligen und steifen Messen meiner Kindheit versöhnte. Ich bin zwar nach wie vor froh, aus der Kirche ausgetreten zu sein und bezeichne mich als Agnostikerin, aber ich sehe, wie Rituale Menschen erfreuen, beruhigen und stärken können.

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Wieder sehr schöne Essenseinladungen gehabt. Das sollte man viel öfter machen, dieses gemeinsam und unprätentiös zu Abend essen.

WMDEDGT 10/16.

Frau Brüllen fragt, was wir eigentlich den lieben langen Tag so machen und zwar immer am 5. eines Monats. Da ich derzeit auf jeden Zug aufspringe, mache ich ab sofort auch mit.

Um fünf vor sieben klingelt mein Wecker, weil ich heute meine Haare nicht waschen muss. Wenn ich meine Haare waschen möchte – also jeden zweiten Tag, denn sonst sehen sie nach Sauerkraut und Rüben aus -, stehe ich um viertel vor sieben auf. Heute dauerte das Aussuchen der Kleidung länger als sonst, denn am Nachmittag war eine festliche Veranstaltung angesagt, die ich mit meiner Anwesenheit beehren musste. Ich habe mich für ein schwarzes Cocktailkleid mit meiner dunkelroten chinesischen Jacke entschieden, dazu blickdichte Strümpfe und hohe Schuhe. Zum Mitnehmen und dann auf der Arbeit anziehen. Angezogen habe ich es dann doch nicht, weil die als „Herbstball“ titulierte Veranstaltung mitnichten Ball- oder Cocktailgekleidete Menschen erfreute, sondern allenfalls festlich gekleidete oder halt eben einfach so gekleidete. Immerhin: mein normales schwarz-weiß gemustertes Kleid passte perfekt zur Krawatte des Bürgermeisters. Wenn das mal kein Gerede gibt.

Um kurz nach acht, nach einem schnellen Frühstück, ein bisschen Twitter-, News- und Blogschau, stieg ich bei feuchten 11 Grad auf die Vespa, um zum Regionalbahnhof zu fahren. Das dauerte heute länger als die sonst üblichen 15 Minuten, weil ich keine Lust auf riskante Fahrmanöver bei nasser Straße hatte. So kam ich gerade rechtzeitig am Bahnhof an, um dann im Städtchen am Bahnhof auf mein nasses Fahrrad zu steigen und zur Arbeit zu fahren.

Dort habe ich mir erst einmal die gefühlt 1.000 Mails durchgelesen, von denen mich wirklich keine einzige ernsthaft betraf (ich muss das unbedingt ändern), eine private Antwortmail geschrieben und telefoniert. Viel telefoniert. Sehr viel telefoniert.

Zu Mittag holte ich mir vom Wochenmarkt ein frisches, knuspriges Kaiserbrötchen und einen nicht ganz so leckeren Hähnchenschenkel. Freitags ist der andere Hähnchenbrater auf dem Markt, der macht unschlagbar gute Hähnchenkeulen. Naja, der Hunger trieb’s rein.

Am Nachmittag die besagte festliche Veranstaltung, ich musste Weiterlesen

[Was schön war] #kw39.

Die Woche fing erst einmal eher mau an, steigerte sich aber zum Ende hin, so dass die Gesamtschau durchaus ein wenigstens „mittleres schön“ ergibt.

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Sollte ich jemals einen Roman schreiben, so wird er „Die Pendlerin“ heißen und in einem Regionalexpress spielen. Sie glauben nicht, was man sowohl an menschlichen als auch organisatorischen Dramen in den maximal 25 Minuten Regioexpress morgens und abends erleben kann.

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Nicht immer schön, aber immer unterhaltsam. Und wenn es mich nervt, stöpsele ich Musik ein.

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Der Patensohn und ich haben nun eine Verabredung für die Herbstferien. Wir gehen Trampolinspringen. Es war nicht ganz leicht, einen Termin zu finden, denn: „Wir müssen mal schauen, ich habe so viele Verabredungen!“ Aus ihm wird mal ein ganz Großer, vor allem, wenn er dereinst eine Sekretärin für seine Terminplanung hat.

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Die Freundin hat sich nun entschieden, nicht nach Kambodscha mitkommen zu wollen. Einerseits bin ich erleichtert, da sich unsere Urlaubsansprüche doch ein wenig auseinander entwickelt haben. Ich bin gern an wenig massenkompatiblen Orten unterwegs und versuche, so viel wie möglich von den Menschen, der Gesellschaft und der Umwelt mitzubekommen, während sie gern von einem Ort aus kleine Tagesausflüge macht. Das ist völlig okay, aber ich möchte nicht in einem Resort gefangen sein. Jedenfalls nicht in einem Land wie Kambodscha. Andererseits ist es natürlich schade, denn ich hätte sehr gern eine/n Mitreisende/n gehabt für diese zwei Wochen im Februar. Zusammen ist man weniger allein, und obwohl ich das ganz gut kann, dieses Alleinsein, fände ich es schön, sich bei einem guten Essen und einem Drink auszutauschen und den Tag Revue passieren zu lassen. Nun denn. Der Stiefvater und seine Frau waren in diesem Jahr eine Woche von China aus dort und haben mir sowohl den Reiseführer als auch gute Tipps überlassen.

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Bei der Familie im Weserbergland gewesen. Die Schwester des Stiefvaters hat ihren Mann nur zwei Wochen nach dem Tod des meinen an den Krebs verloren, die Cousine damit ihren Vater. Wir haben immer noch ähnliche Bilder im Kopf, obwohl ihr Mann die Gnade hatte, im Schlaf in ein Koma zu fallen, aus dem er nicht mehr erwachte und sie sich von einem scheinbar Schlafenden verabschieden konnten.

Meine Bilder seiner, unserer gemeinsamen letzten Tage und Stunden habe ich erst einmal in einer Trauma-Kiste aufgehoben, ganz tief hinten im Verdrängungskeller meines Bewusstseins.

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Gegen Malaisen aller Art helfen in der Familie bekanntermaßen zwei Dinge: gutes Essen (Kassler mit Sauerkraut) und Schnäpse. Das gab es zum Einheitswochenende satt und dazu noch meine persönlichen Anti-Trauma-Medikamente: ein knisternder Kaminofen und ein Rosenstock, dessen Ranken sich von der Fachwerkfassade fortstrecken. Das Haus aus dem 17. Jahrhundert hat so viele Dramen gesehen, dass es mich in seine Arme aus Lehmputz und Eichenbalken schließt und mir zuflüstert: „Alles gut. Die Zeit vergeht. Ich bin da.“

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Reise Nummer 2 im Sommer ist auch schon in Grundzügen vorgeplant: den dann in den USA arbeitenden Stiefvater in Detroit besuchen, die Niagarafälle ansehen und dann gemeinsam mit ihm, seiner aus China anreisenden Frau und deren Sohn von San Francisco aus die Westküste herunterfahren. Ich würde mir noch gern Vancouver und den Yosemite National Park ansehen, Otter und Seelöwen in Carmel und knackige Surfer in Monterey beobachten.

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Mit Freundinnen einen Cocktail trinken gegangen. Hicks und Hugs.

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Das Oktoberhoroskop für den Wassermann hat wenig Aufregendes zu bieten. Das muss sich ändern.

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Was schön wäre: eine breite Schulter zum Anlehnen und Ausruhen. Ich bin so müde und kann doch nicht schlafen.

Kochverlust.

Rosenkohl mit Kartoffeln in der Pfanne geschwenkt, dazu Bacon und gehobelter Parmigiano und ein Schuss Muskat-Pinienkern-Sahne. Gesalzen mit Tränen.

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Ich werde so lange nicht mehr für mich kochen, bis ich keine Portionen für zwei bemesse und beim Einkaufen überlege, wie ich jemandem Appetit machen kann, der eigentlich nicht mehr essen möchte.

Note to self: öfter Freunde zum Essen einladen. Dann würze ich auch wieder mit normalem Salz.

[Was schön war] #kw38.

Vorfreude auf den Familienbesuch im Weserbergland.

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Seit langer Zeit mal wieder in der Philharmonie gewesen. Ein edler Spender überließ mir seine Superplatz-Abokarte, und so konnte ich dem Dirigenten quasi auf die Finger schauen. Noch nie gehörter Honegger (überraschend anders), dazu Dutilleux (mit dem wurde ich nicht warm, obwohl sehr interessante Assoziation zu Jazz-Sessions) und Debussy (hinterließ ein frisches Gefühl im Kopf), dazu ein angenehmer und sachkundiger Abo-Nachbar – ich fühlte mich gut unterhalten und habe nun keine Bedenken mehr gegenüber moderner Klassik.

Einzig die frappierende Ähnlichkeit des Dirigenten mit einer lang vergessenen Ex-Affäre störte ein wenig. In Mimik, Gestik, den schmollend aufgeworfenen Lippen und den Basedowschen Augen ganz die von mir mehr oder weniger liebevoll Schildkröte genannte Affäre. Ich frage mich, wie es ihr wohl geht, in ihrer hanseatischen Heimat, in die sie zu ihrer Jugendliebe zurückgekehrt war. Einige meiner langjährigen Leser werden sich vielleicht erinnern. Wir hatten uns nicht gut getan, damals.

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Vor Freude in die Luft gesprungen, als ich die Nachricht des Chefs erhielt: meine Arbeit hat sich gelohnt – ein unsinniges Bauprojekt wurde mit großer Mehrheit abgeblasen.

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Mit den Freunden in großer Runde mehrfach das Ouzo-Glas auf den Mann erhoben, ganz in schöner, irischer Tradition: „to absent friends“, im Gedenken an schöne Zeiten. Es hat mich berührt, die Trauer in den Augen seiner Freunde zu sehen. Die Lücke in unseren Reihen und das Gefühl, dass er doch irgendwie da ist: in uns, in unseren Herzen, in unserer Erinnerung.

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Ein gutes Rib-eye-Steak gegessen. Woanders spontan zu einem ebenfalls guten Essen eingeladen worden. In der Freundesrunde exzessiv Gyros Zaziki gegessen. Ja, es wird offenbar immer wahrer: Essen ist die Erotik des Alters.

Seminaristik.

Zwei Tage Seminar liegen hinter mir. Uff. Schon am Ende des ersten Tages stand die Erkenntnis: mus

In fast jedem meiner bisherigen Jobs ereilte mich das Los in Form eines gemeinsamen Seminars mit den Kollegen. Mal waren wir projektbezogen zusammengewürfelt, mal ging es um eine Kreativarbeit und bei einer anderen Gelegenheit mussten wir doch tatsächlich nichts tun, denn es handelte sich um ein sogenanntes Incentive (mit Wasserspielen und Kultur –  seitdem bin ich strikte Gegnerin davon, Kollegen in weniger als Alltagsbekleidung zu begegnen).

Als ich in die Führungskraftetage aufrückte, wurde es erst so richtig interessant. Wenn Alphatierchen zusammenkommen, kann man den ersten halben bis dreiviertel Seminartag für die Zurschaustellung von Platzhirsch(kuh)gehabe und das Sichern des besten Sitzplatzes bei den Oberchefs blocken. Vorher ist schlicht keine geregelte Arbeit oder gar ein Schulungsinhalt denkbar. Da können die Moderatoren und Seminarleiter noch so gut sein, das ist gesetzt. Zog sich das Seminar über mehrere Tage hinweg, sollte man auch die Abendgestaltung nicht außer acht lassen. Wichtigste Punkte: wer kann mit den Oberchefs am besten und längsten saufen? Wer schafft es, bei der flotten PR-Leiterin zu landen? Wo bekomme ich in einem Hotel in der Botanik Aspirin gegen den Kater am nächsten Morgen her?

(Für mich besonders entscheidend: kann ich die ganzen blöden Sprüche und Witze unauffällig twittern? Und, verdammt noch mal, warum gibt es hier nur so ein sauteures WLAN?)

Das aktuell überstandene Seminar ist zwar leider aus Gründen inhaltlich untwitter- und unblogbar, war aber immerhin überaus reich gesegnet mit Loriot-Momenten, sodass ich durchaus meinen Spaß hatte.

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Kennen Sie diese Kollegen, die ihre Einwürfe mit den Worten „Ich möchte noch hinzufügen, dass …“ beginnen und dann in einen sehr uninteressanten, verworrenen Monolog driften? Und jene, die sich klassenclowneresk verbünden, um durch fortwährendes Schwätzen und Lästern den Betrieb stören? Und diese eine Kollegin, noch neu in der Runde, die sich an einen einsamen Strand träumt, ein Glas Gin & Tonic in der Hand, die aber verzweifelt versucht, sich nicht ganz abwesend zu verhalten?

Biweilen sehr zäh und überaus ergebnisoffen. Die Folge:

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Und das dringende Bedürfnis, mir am Abend nach dem Seminar neben einer erklecklichen Anzahl von Ouzos noch das ein oder andere Hopfengetränk zu geben.

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Das nächste Seminar winkt übrigens bereits im April kommenden Jahres. Ich freue mich.

Kinder, Kinder.

In dieser Woche wurde ich spontan zum Abendessen in Familie eingeladen. Von den beiden Jungs im Teeniealter ist der jüngere wohl gerade sehr zwischen dem Noch-nicht-Teenager und Nicht-mehr-ganz-Kind. Er taxierte mich vorsichtig und unsicher, um herauszufinden, wer und wie ich denn wohl sei. Beim Beobachten der familiären Rituale und dem Lauschen der Pubertätsthemen fiel mir einmal mehr auf, wie wenig ich doch über Kinder oder junge Erwachsene weiß. Ich bin einfach irgendwann nicht mehr in Kontakt mit ihnen gekommen. Mein Patensohn ist im Grundschulalter und wir unternehmen dann und wann etwas gemeinsam, aber mehr eintauchen in diese jungen Leben konnte ich nie.

Mein Kind, das ich damals nicht bekommen konnte (und wollte), wäre heute 15 Jahre alt. Die anderen, nie gewachsenen, würden mit dem Patensohn gemeinsam Fußball spielen. Was würde ich ihnen mitgeben, wenn sie noch bei mir wären? Wie würden wir miteinander leben? Welche Themen hätten wir? Würden sie mich ebenso wahnsinnig machen wie ich meine Eltern?

Ich glaube, das Wichtigste was ich versuchen würde, ihnen zu vermitteln, wäre, dass sie keine Angst vor dem Leben und auch vor dem Tod haben müssen. Dass alle schlimmen Erlebnisse und Erfahrungen immer nur temporäre Ereignisse sind, die zwar wehtun und manchmal auch lange nachhallen, sie aber letztendlich vorbeigehen und von schönen Dingen überlagert werden. Dass Menschen nicht immer sehr nett zueinander sind, aber sie sich auf die Suche nach jenen machen sollen, die für immer und ewig sind. Und dass sie alles schaffen können, was sie wollen (vorausgesetzt, sie bleiben im halbwegs legalen Rahmen).

Als kinderloser Mensch wird man ja gern von Eltern darauf reduziert, dass man sich keine Meinung zu Sprösslingen oder Erziehungsfragen erlauben dürfe. Anne weiß ein Lied davon zu singen.kinder

Was mich daran erinnert: ich muss mir mal wieder den Patensohn schnappen und Trampolinspringen gehen, in ein Mitmachmuseum oder einfach auf umgestürzten Bäumen balancieren. Und ein bisschen an ihm herum erziehen. Auf Pfiffe reagiert er übrigens ganz ausgezeichnet.